Torchlight 2
Redaktion Macnotes, den 28. Oktober 2012Mit Torchlight 2 hat die vergleichsweise kleine Entwicklerschmiede Runic Games, die von den ehemaligen Blizzard-Mitarbeitern Travis Baldree, Peter Hu und Max & Erich Schaefer gegründet wurde, ein heißes Feuer im Ofen. Am 20. September bereits erschien ihr ambitionierter Diablo-3-Konkurrent. Doch kann Torchlight sich gegen seinen vielfach teureren Konkurrenten durchsetzen?
Vier Heldenklassen stehen euch zum Beginn von Torchlight 2 zur Wahl. Der Berserker ist ein klassischer „Haudrauf“, der Embermage die Magie begabte Klasse und der Outlander Fernkämpfer und Beschwörer. Die unkonventionellste Klasse ist eindeutig der Engineer, ein Allrounder, der wahlweise im Nahkampf mit übermannsgroßen Hämmern oder als Fernkämpfer mit tragbaren Kanonen unterwegs ist und sich Roboter zum Geleit beschwört. Alle Charaktere verfügen über 30 einzigartige Fertigkeiten, die ihr in einem Fertigkeitenbaum je nach Belieben bis zur Maximalstufe 15 ausbauen könnt. Pro Level dürft ihr dabei einen Punkt in die auf drei Gruppen aufgeteilten Fähigkeiten investieren.
Als zusätzliches Merkmal besitzen die Charaktere eine Leiste, die im Kampf aufgeladen wird und bei Inaktivität wieder abnimmt. Ist dieses „Charge-O-Meter“ einmal voll aufgeladen, erhält jeder Charakter unterschiedliche Boni. So kann beispielsweise der Embermage für 12 Sekunden ohne Manakosten seine Zaubersprüche rezitieren und richtet dabei 25% mehr Schaden an. Dadurch wird das (im Vergleich zur Konkurrenz) ohnehin schon schnelle Gameplay noch actionreicher.
Große Spielwelt mit viel Abwechslung
Der auffälligste Unterschied zum Vorgänger: Torchlight 2 führt den Spieler endlich raus aus den immer gleichen Dungeons des ersten Teils. Diesmal geht’s auf drei Akte verteilt über Felder und Berge, in Salzwüsten und Schluchten, durch Geisterwälder und Zwergenminen. Die Levels sind abwechslungsreich und liebevoll gestaltet, außerdem locken immer wieder Eingänge am Wegesrand, hinter denen sich erfreulich unterschiedliche Dungeons verbergen. Zudem ist die Spielwelt wieder zu großen Teilen zufallsgeneriert, so dass sich die Umgebungen und Zufallsevents auch bei mehrmaligem Durchspielen noch recht frisch anfühlen.
Nett: In Dungeons gibt’s nun hin und wieder auch Geheimgänge, hinter denen meist üppig gefüllte Schatztruhen warten. Hin und wieder stößt man außerdem auf witzige Easter Eggs: Im dritten Akt fanden wir beispielweise einen kleinen Dungeon namens „Notch’s Mine“, in der uns knuffige Klötzchen-Gegner attackierten – eine nette Anspielung auf Minecraft.
Altmodisch und gut: Das Talentsystem
Das Talentesystem von Torchlight 2 ist so klassisch wie eh und je: Nach Levelaufstiegen gibt’s Punkte, die man in vier Basisattribute (Stärke, Geschicklichkeit, usw…) und drei Talentbereiche aufteilen darf. Grundsätzlich ein gutes System, das dem Spieler genügend Freiheiten erlaubt. Das Angebot aus passiven und aktiven Talenten ist zwar recht überschaubar, doch mehrere Spezialisierungen pro Klasse sind problemlos möglich, so dass sich ein Nahkämpfer bei entsprechender Skillung beispielsweise auch als Fernkämpfer eignen kann. Wer also gerne nach einem Levelaufstieg Punkte verteilt wie bei einem Diablo 2, der ist hier goldrichtig.
Nett: Wie im Vorgänger hat jeder Held vier Slots für beliebige Zaubersprüche, die er zufällig finden oder bei Händlern kaufen kann. Mit diesen Zaubern kann man beispielsweise ein Defizit im eigenen Build ausgleichen – wer beispielsweise häufig ins Gras beißt, lernt eben einen Heilzauber.
Gegner und Events
Die Feinde in Torchlight 2 sind ebenso vielfältig wie die Umgebungen, ein klarer Pluspunkt. Viele Gegner haben zudem mehrere Attacken, Zauber und Tricks drauf, das bedeutet, dass man sich in Kämpfen nicht stur auf ein Verhaltensmuster der Gegner einstellen kann. Häufig trifft man auf starke Champions oder Mini-Bosse, die dem Spieler nicht nur Erfahrung, sondern auch Ruhmpunkte bescheren. Ruhm ist eine Art zweite Erfahrungspunkteleiste – steigt man im Bekanntheitsgrad auf, gibt’s dafür einen zusätzlichen Talentpunkt.
Ein willkommener Fortschritt gegenüber Torchlight 1: In der Spielwelt sind nun viele kleine Ereignisse und Überraschungen verborgen, die das eintönige Monstergekloppe etwas auflockern. Da überrascht man Kultisten etwa bei einer Beschwörung, rettet einen NPC vor Banditenangriffen oder ein bestimmtes Monster öffnet unvermittelt ein Portal, das den Spieler in ein neues Gebiet transportiert, wo er eine bestimmte Challenge meistern musst.
Zudem ist schon allein das Auftauchen der Gegner oft sehenswert: Im zweiten Akt durchstreift man etwa ein gewaltiges Nest, in dem fledermausartige Viecher überall aus Löchern gekrochen kommen, und im dritten Akt wird man von Werwölfen und Gargoyles überrascht, die von Mauern herabhüpfen, durch Dachbalken klettern oder aus Kellertüren gesprungen kommen – da beweisen Runics Grafiker viel Liebe zum Detail.
Massenhaft Items, praktische Haustiere
Wer Torchlight 1 gespielt hat, der kennt das Item-Gameplay bereits, denn daran ändert Torchlight 2 grundsätzlich nichts: Auch diesmal hagelt es Beutestücke, Schatztruhen und Bosse schütten tonnenweise Items aus. Nett: Hin und wieder hinterlassen Feinde auch seltene Schlüssel, mit denen man fein gefüllte goldene Schatztruhen öffnen kann. In Torchlight 2 droppen außerdem auch schon auf niedrigen Levelstufen seltene Items und Set-Gegenstände. Zudem gibt’s eine Vielzahl an Juwelen, die man in gesockelte Items einsetzen, aber nicht länger verschmelzen kann.
Alles in allem macht Runic hier wieder vieles richtig – es macht durchweg Spaß, neues Zeug aufzusammeln und die Item-Werte mit der angelegten Ausrüstung zu vergleichen.
Auch in Torchlight 2 hat der Spieler wieder ein permanentes Haustier dabei, das nicht nur aktiv mitkämpft und sogar eigene Zauber lernen darf, sondern auch als Packesel für den Spieler dient. Items lassen sich mit einem Klick flink rüber ins Inventar des tierischen Begleiters verfrachten. Nun noch ein Klick, und das Pet flitzt in die Stadt, um den Plunder zu verkaufen und bei Bedarf auch gleich neue Heil- und Manatränke mitzubringen. Das ist unkompliziert und bequem, da der Spieler so in Ruhe weiterskillen kann, während das Tier sich ums Verkaufen kümmert.
Knallige Kämpfe
Torchlight 2 ist bunt, schnell und randvoll mit Effekten, die sich in den ständigen Kämpfen entladen: Blitze, Eispfeile, Feuerbälle, Druckwellen, Explosionen, Kugelhagel und vieles mehr zaubern so viele Farben und Formen auf den Bildschirm, dass die Gefechte zwar super aussehen, besonders in Multiplayerpartien aber auch schnell die Übersicht verloren geht. Der Grafikstil ist dabei ebenso comichaft und detailarm gehalten wie im ersten Torchlight.
Starke Musik
Der Soundtrack von Torchlight 2 stammt erneut aus der Feder von Matt Uelmen, der bereits die Klänge zum Vorgänger sowie Diablo 1 und Diablo 2 (mitsamt Add-on) beigesteuert hat. Uelmens Kompositionen erinnern in Torchlight 2 sogar noch stärker an Diablo 2 – finster, zurückhaltend, sehr stimmungsvoll!
Koop Multiplayer aber kein Onlinezwang
Der größte Kritikpunkt an Torchlight 1 war das Fehlen von Mehrspielermodi. In Torchlight 2 hingegen könnt ihr das gesamte Spiel im LAN-Netzwerk oder auch online spielen. Bis zu 6 Spieler pro Partie sind möglich, auch wenn diese Anzahl nicht empfehlenswert ist – schon ab drei Spielern wird’s nämlich recht unübersichtlich. Alle Charaktere können beliebig zwischen Einzel- und Mehrspielerpartien wechseln, wer mag, spielt also eine Weile mit Freunden und zockt dann wieder offline alleine weiter.
Umfang und Preis
Für gerade mal 19 Euro ist Torchlight 2 ein mehr als fairer Deal, denn das Spiel bietet ordentlich Umfang, mehr Wiederspielwert als der Vorgänger, Mod-Support und den Mehrspielermodus.
Das hast uns an Torchlight 2 nicht gefallen:
Schwache Story, Öde Quests
Torchlight 2 hat deutlich mehr Handlung als sein Vorgänger. Damit wäre auch schon das Wichtigste über die Story gesagt, denn der Plot an sich ist austauschbar und belanglos. Die Quests führen den Spieler zwar schön von einem Ziel zum nächsten, doch warum man da gerade wen verdrischt, das geht in der Handlung völlig unter.
Balancing nicht perfekt
In Torchlight 2 wählt ihr zwischen einer von vier Schwierigkeitsstufen. Die erste ist zu vernachlässigen, denn bereits die die zweite Stufe „Normal“ fällt insgesamt etwas zu leicht aus. Fordernd wird’s erst auf „Veteran“, der dritten der vier Stufen – allerdings kann es hier leicht passieren, dass man im späteren Spielverlauf Probleme bekommt, wenn man sich bei der Talentauswahl verskillt hat.
Unser Fazit
Torchlight 2 hat es, das klassische Diablo-Feeling, das vielen Spieler zuletzt bei Diablo 3 ein wenig gefehlt hat. Man merkt, dass hier die alten Diablo-2-Macher am Werk waren. Für einen günstigen Preis von nur 20€ erhaltet ihr ein grundsolides Spiel, das alle Hack’n’Slay-Tugenden besitzt. Ob Torchlight 2 Blizzards Diablo 3 vom Thron stoßen kann, wird die Zukunft zeigen. Die Chancen stehen nicht schlecht.