Vorab-Check: Adobe Lightroom 4 beta

ar, den 10. Februar 2012
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Fast genau zwei Jahre ist es her, dass Adobe die finale Version seiner RAW- und Foto-Verwaltungssoftware Lightroom 3 veröffentlicht hat. Seit Mitte Januar steht für Interessierte eine Beta-Version der kommenden Ausgabe Lightroom 4 in den Adobe-Labs zum Download zur Verfügung. Was es an interessanten Neuerungen geben wird, zeigen wir im Folgenden.

Was ist Lightroom?

Lightroom ist keine Bildbearbeitungssoftware, dazu fehlen verschiedene Features und Werkzeuge, Lightroom ist keine Bilderdatenbank, dazu fehlen ein paar Funktionen und auf der anderen Seite kann Lightroom dafür zu viel und erst recht ist Lightroom kein RAW-Konverter, da diese Funktionen nur einen winzigen Teil ausmachen. Da Lightroom und ähnliche Programme kaum in bisherige Schubladen passen, wird der Begriff Digital-Workflow-Programm der Funktion am ehesten gerecht. Damit wird die Arbeit Lightrooms treffend beschrieben: zunächst werden Fotos eingelesen und in der Datenbank gespeichert, bei Bedarf werden RAW-Dateien zur Ansicht aufbereitet, kleine Anpassungen (inzwischen sogar recht viele davon) sind innerhalb der Software möglich, anschließend werden die Daten für jeden Anwendungsfall passend ausgegeben (als JPG auf die Festplatte oder in Online-Speicher, als Diashow oder neuerdings auch als Fotobuch). Für alle darüber hinaus gehenden notwendigen Bearbeitungen übergibt Lightroom die Dateien an Drittprogramme und übernimmt die geänderten Daten im Idealfall anschließend wieder in die Datenbank.

Neuerungen in der Bildentwicklung

Mit Lightroom 4 kommt wieder einmal eine komplett neue Prozessversion zum Einsatz. Das ist in sofern wichtig, da diese den Prozess der Umwandlung der rohen (monochromen) Kameradaten in das sichtbare Farbbild abbildet. Im Normalfall merkt man von den geänderten Prozessversionen nur wenig, sofern man Fotos direkt in Lightroom 4 importiert. Hat man die Fotos zuvor schon einmal in Lightroom 3 entwickelt, werden beim Umschalten auf die neue Prozessversion (was im Bereich Kamerakalibrierung möglich ist) deutliche Änderungen sichtbar. So wurde bei der Neuentwicklung deutlicher Wert auf die Lichter und Tiefen gelegt. Besonders im direkten Vergleich bemerkt man eine deutlich bessere Durchzeichnung in hellen und dunklen Bildbereichen. Im aktuellen Fall hat Adobe die Oberfläche an die neue Version angepasst, wie wir im folgenden Bild sehen.

Links sind die Grundeinstellungen der Prozessversion 2012 zu sehen. Belichtung und Kontrast wurden zusammengefasst und der Helligkeitsregler entfällt. Die Regler Wiederherstellung und Aufhelllicht werden zu den aus Photoshop bekannten Reglern Tiefen und Lichter. Neben dem Regler für den Schwarzpunkt kommt in der neuen Prozessversion der Regler für den Weißpunkt hinzu. Ebenfalls neu: sämtliche Regler besitzen nun einen positiven und negativen Einstellwert, so dass dieser wichtige Reglerbereich insgesamt deutlich logischer erscheint.

Erweiterungen von Verlauf und Pinsel

Die beiden Werkzeuge Verlauf und Korrekturpinsel wurden ebenfalls angepasst, so finden sich hier ebenfalls geänderte Werkzeuge Lichter und Tiefen und weitere zusätzliche Regler. Besonders Temperatur und Tönung dürften vielen Fotografen gefallen und an dieser Stelle auch wieder den Sprung zu einem externen Programm unnötig machen. Nicht immer lässt es sich ja vermeiden, dass verschiedene Bildbereiche mit unterschiedlicher Beleuchtung aufgenommen werden.

Denken wir zum Beispiel nur an eine Portraitaufnahme unter einem Baum, bei der aber auch noch Teile der Landschaft mit auftauchen. Hier herrschen sehr unterschiedliche Bedingungen. Mit dem Korrekturpinsel lässt sich nun die Stimmung wieder gerade rücken. Einfach die gewünschten Stellen mit dem Pinsel auswählen und anschließend den Weißabgleich für die ausgewählten Stellen separat anpassen. Natürlich lassen sich so auch Stimmungen im Bild erzeugen oder verstärken, die sonst nicht vorhanden sind. Ebenfalls neu sind die Regler Moiré und Störung. Mit diesen beiden lassen sich Fehler durch gleichartige Muster oder eben Störungen wirksam und lokal entfernen.

Nützlich oder Modetrend: Ordnung per GPS- und Geodaten

Direkt neben dem Entwickeln-Modul findet der Lightroom-Nutzer in Lightroom 4 ein neues Modul namens Karte. Dieses dient zum Anzeigen von Bildern auf einer GoogleMaps-Karte und zum Markieren der eigenen Bilder innerhalb dieser Karte. Fotos, die bereits mit GPS-Daten versehen sind, werden automatisch platziert. Andere Fotos markiert man ganz einfach mit Geo-Daten, in dem man den Ort in der Karte aufruft und die ausgewählten Bilder darauf zieht. In den Meta-Daten werden die GPS-Daten dann übernommen.

Im linken Werkzeugfeld findet man nun neu Meine Positionen. Hier speichert man Bereiche in der Karte, in denen man Fotos platziert hat. Der Radius lässt sich einstellen und vor allem kann man mit dem Schalter Privat festlegen, ob die Geodaten beim Export in den Meta-Daten eines Fotos verbleiben oder ob diese gelöscht werden sollen. Lightroom 4 kann selbstverständlich auch GPS-Daten aus einem GPS-Tracker mit Fotos zusammenführen. Entsprechende Werkzeuge sind integriert und sehr einfach zu bedienen.

Das Modul Buch

Wesentlich interessanter ist aus unserer Sicht das Modul Buch, das ebenfalls neu in Lightroom 4 sein wird. Damit zieht Lightroom mit Apples Aperture gleich, zumindest was den Export von Bildersammlungen angeht. Nun lassen sich auch mit Lightroom Foto-Bücher direkt entwerfen und entweder über einen Dienstleister direkt nach Hause bestellen oder als PDF exportieren. Mit dem exportierten PDF kann man dann seine bevorzugte Bezugsquelle für Fotos und Fotobücher mit der Herstellung eines Buches beauftragen, vorausgesetzt, er kann die von Lightroom 4 zur Verfügung gestellten Formate verarbeiten. Im Moment bietet Lightroom 4 beta nur fünf Formate, zwei Querformate, ein Portraitformat und zwei quadratische Formate. Toll wäre es natürlich, wenn man eigene Größen definieren könnte, aber diese Option bietet bisher kein Foto-Buch-Programm.

Das Buch-Modul bietet diverse Seitenvorlagen, mit denen sich Bücher schnell gestalten lassen, auch ein Auto-Layout-Modus ist vorhanden, der ausgewählte Bilder blitzschnell auf den Buchseiten verteilt. Diese können dann noch bearbeitet werden. Der Gestaltungskomfort ist gut, so lassen sich Fotos und ganze Seiten tauschen, Zelleneinstellungen und Zoom erlauben schnelle Größenanpassungen und auch die Optionen für die Beschriftungen sind vielfältig. Was zumindest die Lightroom 4 beta noch vermissen lässt, ist die Möglichkeit Bilder zu drehen und so ein etwas aufgelockertes Layout zu erzeugen. Ansonsten weiß das Buch-Modul schon jetzt zu gefallen und man erzeugt damit elegante Fotobücher, auch wenn sicher das ein oder andere Feature noch wünschenswert wäre und mit den nächsten Updates hoffentlich folgen wird.

Noch mehr Neues

In Lightroom 4 taucht auch zum ersten Mal die Option auf, einen Softproof durchzuführen. Diese Option steht im Entwickeln Modul zur Verfügung und wird dort unterhalb des Fotos aktiviert. Sobald die Option aktiviert wurde, kann man eine Proof-Kopie eines Fotos anlegen lassen und eventuelle Anpassungen für die Druckausgabe entsprechend nur auf diese virtuelle Kopie anwenden, um die Originaleinstellungen zu erhalten. Im Histogramm lässt sich statt der Beschneidungswarnungen für helle und dunkle Bereiche nun eine Warnung für den Monitor- und den Zielfarbumfang einblenden. Neu in Lightroom 4 ist auch eine einfache Videobearbeitung. Während bisher nur ein Standbild von Videos angezeigt wurde, kann Ligthroom Videos nun intern wiedergeben. Zusätzlich lässt sich der Anfang und das Ende von Videos beschneiden. Außerdem sind einfache Korrekturen möglich und zwar alle, die sich im Bibliothek Modul aufrufen lassen, inklusive gespeicherter Nutzervorgaben. Videos lassen sich jedoch nicht im Entwickeln Modul aufrufen, so dass die umfangreichen Optionen auf einfache Weise in Lightroom 4 für Videos (noch) nicht zur Verfügung stehen.

Fazit

Die neuen Module Buch und Karte werden sicher den ein oder anderen Benutzer begeistern. Das Gros der Ligthroom-Nutzer wird eher von den Änderungen in der Prozessversion profitieren, die einfach etwas mehr aus den RAW-Bildern heraus holen kann. Die Vereinheitlichung der Regler innerhalb Lightrooms und der Photoshop-Gruppe ist auch sinnvoll und wird Fehler vermeiden helfen. Zahlreiche kleinere Änderungen werden sicher erst bei längerer Nutzung auffallen und dann besprochen werden. Ob sich das Update von Lightroom 3 auf Lightroom 4 lohnt, wird man sehen, wenn die endgültige Version in den Regalen steht und der Preis bekannt gegeben wird. Interessant sehen die Neuerungen, die Lightroom aufweist auf jeden Fall aus.


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