Kommentar zum PSN: Howard Stringer ist der gelebte Opportunismus
Alexander Trust, den 18. Mai 2011Wir möchten die Aussagen Howard Stringers zum PSN-Ausfall kommentieren. Denn wer die letzten Wochen verfolgt hat, wird mit Sicherheit nicht um das Thema PlayStation Network herumgekommen sein. Immerhin schaffte es die Sony-Posse sogar in die Mainstream-Medien, nicht nur hierzulande, sondern überall auf der Welt.
Versucht man die Geschehnisse rund um den Einbruch in die Server des Online-Netzwerks PSN ein wenig aufzuarbeiten, stellt man fest, dass dort draußen alles so ist, wie man es vermutet. Wir bekommen nichts geschenkt, auch wenn es womöglich so ausschauen mag.
Sony verschleiert Informationslage
Am 17. April, oder am 19. April, oder vielleicht an beiden Tagen oder irgendwo dazwischen, so haben wir eine Woche später erfahren, hat ein Hacker oder haben mehrere Hacker das System von Sony schachmatt gesetzt und Kundendaten entwendet. Wer dahinter steckt ist unklar. Bis heute. Es könnte genauso gut ein 17-jähriger Brite hinter der Aktion stecken, wie irgendwelche dubiosen Drahtzieher aus einer gänzlich andere Sphäre, nämlich der organisierten Kriminalität. Doch Anonymous ist zunächst einmal eine schöne Sau, die man durchs Dorf treiben kann. Ob sie’s waren, oder sein wollen, wissen die Mitglieder der Hacker-Vereinigung allerdings selbst nicht so genau. Punktsieg für Sony also? Nicht ganz. Denn nur weil etwas „plausibel“ erscheint, ist es noch lange nicht wahr. Das mussten gerade in den USA in den letzten Jahrzehnten etliche Menschen erleben, die unschuldig im Gefängnis saßen und manche sogar zu Unrecht zum Tode verurteilt worden. Doch anstatt mit Fakten Klarheit zu schaffen, verschleiert Sony die Informationslage, so gut es geht. Das jedenfalls liest man auch in der internationalen Presse.
Es gibt da außerdem diesen schwelenden Diskurs – darüber, ob Sony fahrlässig gehandelt hat oder nicht. Es gibt ein paar schlaue Foren-Mitglieder in einem Gesprächskreis für 3D-Anwendungen, die angeblich herausgefunden haben wollen, dass Sonys Server zum Zeitpunkt des Hacks mit der aktuellsten Software ausgestattet waren. Wer allerdings so naiv ist, zu glauben, dass Googles Cache verifizierbare Rückmeldungen gibt, dem ist freilich nicht zu helfen. Denn die Rückmeldungen stammen von den Google-Servern und dass Google seine Infrastruktur ständig aktuell hält, davon ist auszugehen. Stattdessen wird aber geleugnet, dass Server-Logs, die von Anonymous der Presse zugespielt wurden, überhaupt echt sein können. Man kann ja so einer Quelle nicht trauen.
Vertrauenswürdig?
Aber Howard Stringer kann man trauen? Wenn nicht mal die eigene Regierung in Japan Sony über den Weg traut und dort die Wiederanschaltung des PSN abgelehnt hat, ehe genügend Sicherheitsvorkehrungen nachweislich vorgenommen wurden.
In einem offenen Brief an die PSN-Kunden hatte Howard Stringer darum geworben, dass man in der schwierigen Situation zusammenstehen sollte, und die PS3- und PSP-Gamer als „Freunde“ bezeichnet. Der gesunde Menschenverstand hat schon zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass Howard Stringer nicht „unser“ und auch nicht „mein“ Freund ist und auch gar nicht werden will. Doch es gibt immer die Naiven, die daran glauben, dass die Realität ausgeblendet werden kann. Die Fanboys, die nichts über Sony kommen lassen wollen und alles kleinreden und leisetreten, was an Kritik öffentlich laut wird.
Stringer selbst tut uns und mir den Gefallen, und zeigt der Öffentlichkeit sein wahres Gesicht. Nicht nur, dass er mit dem Finger auf andere weist, um seine – oder die Taten seiner Firma – als „weniger schlimm“ hinzustellen. Doch Stringer hat all die Freunde mit einem Mal vergessen. Stattdessen spricht er von sich und von uns, und meint damit Sony. Gegenüber Journalisten der Agentur Reuters (engl.) gibt Stringer unumwunden zu, dass er das Gefühl hat, dass die Attacke auf das PSN ein Racheakt gewesen sei. Ein Racheakt für den Umgang mit George Hotz. Während es dort draußen viele Leute gibt, die ein anderes Vorgehen von Sony begrüßt hätten, wollte die Firma lieber den dicken Max markieren oder ein Elefant im Porzellan-Laden sein. Stringer beschreibt die Handlungen von Hotz als kriminellen Akt. Doch viel wichtiger, er beschreibt dabei, wen er mit „uns“ meint. „Uns“ sind nicht die PSN-Kunden, sondern „uns“ ist Sony und uns ist die Marke PlayStation:
„An act was done that was dangerous to Sony, dangerous to PlayStation and we thought it was a criminal act and we had to protect ourselves.“
Howard Stringer
Sie mussten sich schützen, die Sonys. Davon, dass sie ihre Freunde schützen mussten, ist nicht die Rede.
Warum also sollten wir Geschenke annehmen von jemandem, der uns an der Nase herumführt? Von jemandem, der den Opportunismus öffentlich zur Schau stellt und keinen Hehl daraus macht. Schade drum, dass es so viele Unwissende und Naive dort draußen gibt, die von alldem nichts wissen wollen. Denn eins ist klar, George Hotz hat seine eigene PlayStation manipuliert und keine Software raubkopiert. Wenn jemand dort draußen Linux auf seinen HP oder Acer oder ASUS spielt, obwohl Windows vorinstalliert war, wird dann Microsoft, werden dann HP, Acer oder ASUS gegen uns vor Gericht gehen, weil wir unser System „manipulieren“, so wie es uns gefällt? Nein, denn wir haben den alternden Technik-Schrott gekauft und können damit anstellen, was wir wollen.