Borderlands: Game of the Year Edition für Mac im Test

Alexander Trust, den 31. März 2011

Es hätte durchaus mein Spiel des Jahres 2010 auf dem Mac werden können, doch ein Titel wie Borderlands ist nicht mal eben in ein paar Stunden durchgespielt, noch dazu mit den Downloadinhalten in petto, die die Spielzeit noch mächtig strecken. Wie der SciFi-Shooter mit leichten RPG-Elementen von Gearbox und in der Portierung durch Feral Interactive sich auf dem Mac schlägt, verrät euch das längst überfällige Review, das dann aber doch wieder halbwegs rechtzeitig zu kommen scheint, weil es das Spiel seit letzter Woche im Mac App Store gibt.

Wenn man sich Borderlands zu Gemüte führt, fällt einem zunächst die Grafik ins Auge – das Spiel verwendet eine Technik namens Cel-Shading, die mit Spielen wie Street Fighter 4 (der Automatenversion) oder einem Teil von Prince of Persia, sowie z. B. SEGAs Valkyria Chronicles im Jahr 2008 besonders in Mode gekommen war. Borderlands macht also auch von dieser Technik Gebrauch und dies verleiht dem Spiel seinen ganz eigenen Look. Wenn man von den Figuren absieht, dann sind vor allem die weitläufigen Landschaften in Cel-Optik durchaus eine Augenweide. Als Mac-User benötigt man aber grundsätzlich ein bisschen Rechenleistung und eine ordentliche Grafikkarte, um in den Genuss so mancher Effekte zu kommen und auch genügend Weitsicht zu erleben. Doch selbst auf einem Mac Pro mit ATI Radeon 4850 zeigt sich, dass Mac-Gaming noch an Performance-Schwierigkeiten zu knabbern hat. Die Portierungen von PC-Spielen bieten leider nicht dieselbe Leistung bei gleicher Hardware. Doch bei Borderlands hat man die Möglichkeit viele Filter auszuschalten und die Grafikauflösung in sehr vielen Stufen runter- oder raufzuregeln und so kann man bei qualitativen Einbußen doch auch ein sehr intensives Spielgefühl erleben.

Endzeitstimmung

Denn Borderlands bietet ein postapokalyptisches Szenario an und hat schon im Hauptspiel eine Menge Spielzeit für uns parat. Bevor wir aber in der Singleplayer-Kampagne starten, werden wir zum Einstieg nach ein wenig filmischer Einführung aufgefordert einen von vier Charakteren auszuwählen, der uns selbst am besten zusagt. Neben einem Muskel bepackten Nahkämpfer gibt es ebenfalls das andere Extrem, einen hageren Scharfschützen. Die anderen beiden Figuren ordnen sich dazwischen in der Reihe von Schatzjägern ein.

Präsentiert wird die Geschichte auf dem fiktiven Planeten Pandora, der wie eine Mischung aus Wüste und Taiga wirkt, aus der Ego-Perspektive. Neben dem Gameplay eines First-Person-Shooters bietet Borderlands aber noch spielerische Elemente, die man sonst in Rollenspielen vorfindet. Diese Kombination war auch davor schon einmal sehr erfolgreich, nämlich beim Titel Fallout 3. Selten findet man auf Pandora Anderes als Geröll, Sand und Wellblechhütten oder Metall-Konstruktionen. Mittendrin sind wir, die wir ebenfalls ein Teil einer Gesellschaftsordnung sind, die es nicht mehr so sehr mit Moral hat, und bei der beinahe jeder sich selbst der nächste ist. Auch wir wollen möglichst weit voran kommen, und zu Ruhm und Ehre gelangen und den Schatz finden, von dem alle glauben, dass er sich irgendwo in einem Gewölbe versteckt, das nur alle 200 Jahre sein Pforten öffnet. Wir sammeln neben schnödem Mammon auch Erfahrungspunkte, die man dazu verwenden kann, seiner Spielfigur Fähigkeiten angedeihen zu lassen. Mit den gefundenen Ressourcen stockt man zudem sein Arsenal an Waffen und Verteidigungsgegenständen auf.

Ich muss aber ganz ehrlich zugeben, dass ich vorwiegend Konsolen-Gamer bin und meine Koordination von Maus und Hand deshalb nicht ganz so ausgeprägt ist. Entsprechend führte das bei mir selbst zu Beginn öfter als wahrscheinlich notwendig zu Misserfolgserlebnissen. Doch Borderlands bietet eine derart ausgeprägte und umfangreiche Singleplayer-Kampagne, dass ich diese Rückschläge gerne in Kauf genommen habe; Fallout 3 habe ich auf der Konsole gespielt und kam dort besser zurecht, das Setting weist zudem Überschneidungen auf.

Grenzen

Technische Grenzen, bedingt durch suboptimale Programmierung und schlecht angepasste Treiber habe ich bereits angesprochen, doch es gibt noch weitere. Beispielsweise ist die Varianz in Puncto Gegner eher gering. Erst mit der Zeit kommen weitere Gegnertypen dazu, doch diese Zeiträume können mitunter relativ lang dauern, bis man den Charakter aufgelevelt hat, um zu neuen Standorten aufzubrechen. Entsprechend schnell macht sich das Gefühl breit, dass man beim Durchstreifen der Wildnis immer auf dieselben schrägen Vögel trifft, manchmal sogar im Wortsinn, weil es sogar fliegendes Getier gibt. Abwechslung indes schaffen die Buggys, die man ab einem gewissen Punkt im Spiel fahren kann und mit denen man auch größere Abstände schneller zurücklegen kann. Die Lenkung ist freilich nicht optimal, doch man gewöhnt sich recht schnell daran und hat dann einen entscheidenden Vorteil gegenüber Fußvolk. Anders schaut es dann schon wieder aus, wenn einem ebenfalls motorisierte Widersacher begegnen.

Besonders interessant sind dafür allerdings die Bossgegner, denen man sich entgegenstellt. Vor allem verkörpern diese immer auch einen besonders spektakulären Typus, sehen zumeist sehr schrecklich aus, und sind hin und wieder ziemlich überdimensioniert. Wer sich an manchen Gegnern die Zähne ausbeißt, der kann natürlich versuchen, vorher einen entsprechend hohen Level zu erreichen, um es leichter zu haben, oder der sollte sich eine Strategie zurecht legen. Denn das hilft sehr häufig. Und so überschaubar die Anzahl an „normalen“ Gegnern ist, so vielfältig sind beispielsweise die Waffen und Ausrüstungsgegenstände, die man finden kann. In diesem Punkt merkt man Borderlands ebenfalls den Rollenspielcharakter an.

Multiplayer und Add-ons

Wer das Spiel schon im letzten Jahr gekauft hatte, der wird beim Einrichten der Mehrspieler-Modus Probleme gehabt haben. Vor einiger Zeit veröffentlichte Feral Interactive einen Patch, der auch diese Probleme beheben sollte. Es ist auch dieser Tatsache geschuldet, dass wir den Mehrspielermodus nicht im Test berücksichtigen. Ebenfalls meine eigene Erfahrung als Shooter-Spieler hat ein tieferes Verständnis an dieser Stelle scheitern lassen. Doch im Gegensatz zu etlichen Shootern dort draußen, in denen man auf sich selbst gestellt ist, rückt Borderlands gerade das Team in den Vordergrund. Zu viert kann man sich auf Pandora bewegen und gemeinsam agieren, aber natürlich auch gegeneinander, dann in solchen Modi, die man auch aus anderen Shootern kennt.

Last but not least gibt es vier der ehemals zum Download angebotenen Add-ons direkt mitgeliefert. Sie erweitern jeweils das Einzelspieler-Empfinden wie auch das Mehrspieler-Vergnügen um weitere Maps. Als ich vorhin die Boss-Gegner lobte – auch in den Add-ons werden zum Teil sehr skurrile neue Figuren vorgestellt. Mein persönlicher Geheimtipp ist die Atmosphäre aus dem Add-on „The Zombie Island of Dr. Ned“. Man landet darin auf einer Insel, die von Fleisch fressenden Zombies beherrscht wird. Ziel ist es, zusammen mit Dr. Ned die Kreaturen von ihrem Fluch zu heilen.

Fazit

Borderlands ist ein solider Shooter, mehr noch aber ist es ein Action-Spiel mit einer interessanten Story in der Singleplayer-Kampagne für all jene, die beispielsweise Filme wie Mad Max oder Waterworld mögen. In Borderlands fühlt man sich ein wenig wie in solchen Filmen. Die Rollenspiel-Elemente sorgen für zusätzliche Motivation, dadurch dass man bemüht ist, seinen Charakter aufzuleveln und möglichst viele der Special Items zu finden, die sich auf Pandora verbergen. Borderlands bietet teils humorige Augenblicke in den präsentierten Dialogen, die zudem sehr ordentlich in englischer Sprache aufbereitet wurden. Rein von der Performance her ist das Spiel auf schnellen Rechnern richtig gut zu spielen, aber leider nicht mit einer Windows-Plattform zu vergleichen. Trotzdem erhält man ein prima Spielerlebnis, das in der GOTY-Variante durch die zahlreichen Add-ons um viele Spielstunden erweitert wird. Für das Spiel von Borderlands empfehle ich dringend eine andere Maus als die Magic Mouse von Apple zu verwenden, auch der Vorgänger Mighty Mouse ist nicht das beste Spielgerät, wenn man versucht einen Ego-Shooter zu kontrollieren.

Seit einer Woche ungefähr findet man das Spiel zudem auch im deutschen Mac App Store, nachdem es schon im Januar z. B. in Großbritannien, den USA und weiteren Ländern über den Mac App Store veröffentlicht worden war. Offenbar soll auch der Jugendschutz, bzw. die speziell für den deutschen Markt angepasste Version den Release auf der Plattform verzögert haben. Wer das Spiel nicht als Download im Mac App Store, via Steam oder seit kurzem auch bei ASH kaufen mag, für den eignet sich die Retail-Version, die es über den Handel gibt oder auch bei Application Systems Heidelberg.


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Testergebnis

URS: 8,5 von 10
8,5