Virtual City für iPhone im Test

Alexander Trust, den 30. Oktober 2010
SimCity Klon Virtual City für iPhone zunächst in Test Version
SimCity Klon Virtual City für iPhone zunächst in Test Version

Ein SimCity-Klon – mit diesen Worten könnte man Virtual City wohl am treffendsten beschreiben – und doch fehlte bis vor kurzem Etwas, das einen merklichen Unterschied ausgemacht hat. Wir haben uns die Aufbausimulation auf dem iPhone angesehen.

Im Unterschied zum freien Spiel, das viele an SimCity bevorzugen, wurde bei Virtual City von G5 Entertainment der Fokus auf missionsbasiertes Aufbauspiel gelegt. Das ist auch jetzt immer noch der Fall, gleichwie der Hersteller den „Sandbox“-Modus in einem Update nachgeliefert hat. Doch der Reihe nach.

Wer Virtual City zum ersten Mal startet, der wird ein sehr vollgepacktes Startbild entdecken. Das rührt daher, dass wir es mit einer Portierung eines PC-Spiels zu tun haben. G5 Entertainment hat bereits einige seiner PC, bzw. Mac-Spiele auf die iOS-Plattform portiert. Während diese früher Ladenhüter waren, mutieren sie in Zeiten von Touchscreen und App Store zu Erfolgsgaranten, so auch die vorliegende Aufbausimulation. Grundsätzlich ist das Genre durchaus dazu angetan, auf Touchscreen-Devices eine gute Figur abzuliefern, noch dazu wenn man auf den neueren Handhelds Retina-Optik angeboten bekommt. Doch auch diese wurde anfänglich nur halbherzig umgesetzt, und in einem Update immer noch nicht zu Hundert Prozent bewerkstelligt. Es gibt nach wie vor Elemente im Spiel, die ein wenig verwaschen ausschauen, auf den hochauflösenden Displays. Schade. Das soll aber nicht heißen, dass Virtual City optisch keine gute Figur macht, im Gegenteil. Wenn man es mit der Konkurrenz misst, dann bietet es ordentliche Grafik an.

Tutorial

Ich finde es gut, wenn ein Spiel es versteht, den Spieler in die Steuerung einzuführen. Früher erledigten das oft Handbücher. In Zeiten von Downloadgames sind diese entweder überhaupt nicht vorhanden oder aber nur in Form von einer FAQ ins Spiel integriert. Das Tutorial in Virtual City leistet zunächst ordentliche Arbeit damit, den Spieler in die Möglichkeiten einzuführen. Doch irgendwann wird man der virtuellen Helferin und ihrer Texte überdrüssig. Man hat das Gefühl, zu lange an die Hand genommen zu werden.

Missionen

Hauptteil von Virtual City sind die Missionen, die das Aufbauspiel anbietet. 50 Stück gibt es insgesamt. Wir starten nach dem Tutorial in Colorado und bringen Stück für Stück irgendwelche Orte auf Vordermann und lernen dabei quasi immer dazu. Jedes Mal gibt es neue Optionen und wenn wir sieben Punkte auf unserer To-Do-Liste abhaken mussten, verlässt uns die helfende Hand nach der fünften erledigten Aufgabe mit dem Hinweis, die übrigen zwei könnten wir nun alleine ausführen. Das Verhältnis wird mit zunehmender Spieldauer etwas ausgewogener und man bekommt das Gefühl, alleine verantwortlich zu sein. Und die Aufgabenfelder werden ebenfalls zunehmend komplexer – wir müssen Wegpunkte für Transportmittel setzen, Rohstoffketten beachten, und anderen Dinge mehr. Doch das sorgt eher selten für Stirnrunzeln. Man kann sich in den Missionen eigentlich nicht verirren, schon alleine deshalb, weil die Bau- und Aufrüstoptionen missionsweise mitwachsen. So komplex also das „Facility“-Management auf dem Touchscreen auch wird, so seicht werden wir rangeführt und so unspektakulär ist es auf Dauer. Selbst dann, wenn man sich darin übt, Brandherde unter Kontrolle zu bringen und Städte nach einer Katastrophe wieder aufzubauen. Man kann einfach kaum etwas verkehrt machen.

Tüüt, tüüt

Nervig sind dazu die Geräusche im Spiel. Wer moderne Autos mit elektronischem Schließmechanismus kennt, vor allem solche aus den Vereinigten Staaten, der kennt das Geräusch, das diese von sich geben, wenn man sie mit dem Schlüssel wie mit einer Fernbedienung öffnet. Diesen Ton vernehmen wir nur allzu oft, wenn wir neue Fahrzeuge (Transport-LKWs, Linien-Busse, und andere) kaufen oder aufrüsten. Man fühlt sich ein wenig in die Zeit von Windows 3.x zurückversetzt, als viele Aktionen einen Ton nach sich zogen. Ein Pling hier, ein Hupen dort, und im Hintergrund dudelt eine Melodie, die schnell fad wird. Noch ein Grund, warum Virtual City als Produkt für den Computer wenig Erfolg hatte.

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Sandkasten

Der „Sandbox“-Modus, der Virtual City nachträglich spendiert wurde, wurde von einigen Spielern eingefordert, weil das missionsbasierte Gameplay nur wenig Spielraum bietet und eben irgendwann vorbei ist. Ist aber mit dem Sandbox-Modus alles besser? Nur bedingt. G5 Entertainment hat die Chance genutzt, und bietet seit dem Update jetzt die Möglichkeit für In-App-Käufe von virtuellem Spielgeld an. Das benötigt man, wenn man auf den Karten zum freien Spiel „schnell“ erfolgreich sein will. Es ist keineswegs so, dass man das In-Game-Cash zwingend braucht. Die Funktion, die das gekaufte Geld hat, hätten früher Cheats gehabt. Doch während man seinerzeit höchstens für Zeitschriften mit Cheats oder ganze Cheatbücher Geld ausgegeben hat, fließt das Geld heuer an viele Spielehersteller, die modernes Cheaten als Freemium-Modell verkaufen und offensichtlich genügend Abnehmer finden. Wer mag, kann den prominent platzierten Button für den In-App-Kauf von Spielwährung auch in den Optionen ausschalten. Dann gibt es kein Verdrücken und Vertun.

Ansonsten hält man sich an das, was man einst im Tutorial gelernt hat und muss sich in Geduld üben, bis das Geld fließt und man in der Lage ist, zu expandieren. Dies verlängert die Spielzeit zwar, doch das Sandkasten-Spiel hat auch seine Grenzen. Die Spielkarten fallen natürlich größer aus als jene in den Missionen, richtig groß sind sie aber nicht. Das zeugt wiederum davon, dass das Gameplay nicht zu komplex werden kann. – Wie verzweifelt oder ungeduldig manche Spielernaturen sein müssen, erkennt man übrigens daran, dass im App Store ein Top-In-App-Kauf von knapp 80 Euro für 1 Million In-Game-Währung immerhin auf Platz 4 rangiert.

Social

Game Center unterstützt Virtual City. Die im Spiel erworbenen Punkte, zu jeder Map einzeln, kann man aus der App heraus oder über Apples Game Center App vergleichen. Darüber hinaus gibt es 16 Achievements. Mehrspielerpartien suchen wir vergebens und im Spiel gibt es keine Möglichkeiten für die Zusammenarbeit mit Bürgermeistern anderer Städte oder dergleichen. Kein komplexes Handels- oder Bündnissystem, wie es moderne Aufbaustrategie bietet. Facebook ist ebenfalls integriert, in der Form, dass wir unseren Freunden über unsere Pinnwand von den eigenen Erfolgen berichten. Es soll übrigens nicht der Eindruck entstehen, dass in Virtual City überhaupt kein Handelssystem vorhanden wäre – es gibt immerhin 25 Güter, die man produzieren, bzw. erarbeiten kann und die teilweise in einen Warenkreislauf fließen.

Fazit

Warum bin ich eigentlich so kritisch gegenüber diesem Spiel? – Die Antwort ist einfach. Je länger ich mich mit Spielen im App Store beschäftige, desto mehr habe ich mich von der anfänglichen Euphorie emanzipiert. Man muss mittelprächtige PC-Spiele nicht auf einmal toll finden, nur weil sie einem über den Touchscreen angeboten werden. Wenngleich ich zugeben muss, dass neben anderen, auch das Genre der Aufbaustrategie sehr viele Möglichkeiten auf dem Touchscreen hätte. Von Virtual City gibt es auch eine HD-Version für iPad. Wegen des größeren Bildschirms würde ich diese der iPhone-Variante jederzeit vorziehen. Summa summarum ist aber Virtual City für mich kein ernstzunehmender Aufbaustrategie-Titel. Viel eher ist es ein Gelegenheitsspiel für Zwischendurch. Diese Rolle füllt es gut aus.


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