Test: Great Adventures: Lost in the Mountains für iPad
Stefan Keller, den 26. September 2010Der Publisher Chillingo hat ein Point-and-Click-Adventure namens Great Adventures: Lost In The Mountains auf das iPad gebracht. Ob diese Portierung eine so gute Idee war und ob das iPad für diese Spielegattung überhaupt geeignet ist, erfahrt ihr in unserem Review.
Bevor es richtig los geht, müssen wir uns noch je einen männlichen und einen weiblichen Charakter aussuchen. Der männliche spielt die Rolle des Mechanikers und ist eher ein Grobmotoriker, während der weibliche wissenschaftlich begabt und darüber hinaus geschickt ist. Für welche der zur Auswahl stehenden Figuren wir uns entscheiden ist egal, denn die Rollen sind vorher verteilt und außer den teilnehmenden Charakteren ändert sich am Gameplay nichts. Einen Namen haben die beiden auch, doch wird der erst im Abspann präsentiert.
Unser Vater ist ein weltberühmter Wissenschaftler und soll im Wise Rock Berghotel seine neuste Errungenschaft vorstellen. Dem schlechten Wetter ist ein Abbruch der Veranstaltung geschuldet, alle Anwesenden müssen das Gebäude verlassen. Es stellt sich jedoch heraus, dass just das akademische Familienoberhaupt nicht unter den Evakuierten ist. Dies ist der Aufhänger des Spiels: Unseren Vater müssen wir ausfindig machen.
Point-and-Click auf dem iPad
Die meiste Zeit sehen wir eine isometrische Ansicht der Spielwelt, die im Wesentlichen aus besagtem Hotel, einem Nebengebäude und etwas Umgebung besteht. Nur der Vor- und Abspann werden werden in drei Dimensionen gezeigt, in Form einer Cut-Scene. Am oberen Bildschirmrand sind eine Minimap, das Missionsziel und die Charaktere angeordnet. Unten gibt es eine Art Dock, in dem sich das Inventar befindet. Außerdem kann man darin Hinweise entgegen nehmen und der Menü-Button befindet sich ebenfalls darin.
Die Figuren werden entweder mit einem gezielten „Klick“ an ihre Zielposition dirigiert oder mittels „Drag and Drop“ am Ziel fallen gelassen. Letzteres geht deutlich schneller für lange Distanzen.
Insgesamt spielt sich Great Adventures erstaunlich gut und es zeigt sich schnell, dass das iPad nicht die ungünstigste Plattform für derlei Spiele ist.
Langeweile
Gleich einem Tamagotchi muss man sich hin und wieder um die Spielfiguren sorgen. Denn immer nur ein Charakter kann arbeiten, der andere weiß nichts mit sich anzufangen. Aufgezwungener wirkt da das eingebaute Needs-System. Der Suchtrupp wird mit der Zeit müde, hungrig oder einfach gelangweilt. Gegen die Langeweile hilft es, den Charakter mit Rätseln zu beschäftigen. Inaktive Figuren können mit Musik, Fernsehen oder später dem GameBoy bei Laune gehalten werden. Gegen Müdigkeit hilft ein Schluck aus der Kaffeekanne oder eine Runde Schlaf auf der Couch. Der Hunger wird wahlweise am Kühlschrank oder mit der Chipstüte gestillt. Da wären wir schon bei dem Punkt, an dem das Needs-System nicht gerade seine Stärke ausspielt, denn GameBoy, Kaffe und die Chipstüte haben wir nach einiger Spielzeit im Inventar, weshalb das Ganze dann eher nervt.
Es gibt nichts geschenkt
Informationen gibt es in Great Adventures nicht geschenkt, sondern sie müssen erarbeitet werden. Dazu dienen Rätsel, die meist aus dem Kombinieren von gefundenen Gegenständen bestehen. Wichtigere Fundsachen, wie Chipkarten, die Türen öffnen, sind etwas besser versteckt. Hierfür muss ein Safe geknackt werden. An der Stelle haben sich die Entwickler ein paar Minispiele einfallen lassen, die allesamt mehr oder weniger in Richtung Sudoku gehen. Diese Rätsel haben sogar ein Zeitlimit, das jedoch mehr als großzügig ausgefallen ist.
Wenn einmal Not am Mann ist, hilft Sam gerne aus, der Hund der beiden Protagonisten. Jedoch muss er erst mit Leckerli bestochen werden, von denen je drei einen Tipp ergeben. Der Hund eilt dann mit einer Denkblase, die den Gegenstand anzeigt, zu dem Ort, an dem er gebraucht wird.
Insgesamt sind die Rätsel recht spaßig, wenngleich nicht allzu kompliziert. Die Entwickler haben den Spagat gut hinbekommen, dass einem gefundene Sachen erst später weiterhelfen, mitdenken ist also erlaubt.
Grafik und Aufmachung
Die Grafik wird in einer isometrischen Vogelperspektive präsentiert, die jedoch sehr liebevoll gestaltet ist. Leider gibt es keine Möglichkeit, in „tote Winkel“ hineinzusehen, also wenn die Wand die Spielfigur verdeckt. An solchen Stellen sind fairerweise aber keine Verstecke. Kleinere Schnitzer leistet sich Great Adventures: Lost In The Mountains aber bei den Hilfe-Dialogen. Dort ist immer mal von der linken Maustaste die Rede, die natürlich auf dem iPad nicht existiert. Einmal ist ein Hilfe-Dialog sogar zu groß für den Bildschirm.
Hintergrundmusik
Die Hintergrundmusik existiert in Form von verschiedenen Sound-Loops. Leider sind es nur eine Handvoll und vor allem die akustische Begleitung bei Rätseln will nicht so recht passen, denn diese hat einen etwas traurigen Grundtenor.
Bewertung
Das Spiel ist recht kurz. Je nach Point-and-Click-Erfahrung sind drei Stunden oder mehr zwar durchaus drin, aber dann kommt der Punkt, an dem der Titel die Kurve nicht mehr kriegt. Wir halten uns die meiste Zeit im Hotel auf, wo wir uns jede noch so kleine Information hart erarbeiten müssen, wobei bis zum Schluss nicht so recht ersichtlich ist, wo die Story nun hinführen soll. Wenn wir uns das Funkgerät endlich zusammengebaut haben, folgt das plumpe Ende: Ein Anruf bei der Polizei, die den Hubschrauber bereits losgeschickt hat. Prompt holt dieser uns ab, und siehe da: Unser Vater sitzt bereits im Helikopter. Das eigentlich ausgerufene Ziel, den Vater ausfindig zu machen, haben wir auf diese Weise selbst nicht vollbracht und erlebt. Das ist durchaus irritierend und schade.
Fazit
Great Adventures: Lost In The Mountains zeigt, dass das iPad durchaus gut geeignet ist für Abenteuerspiele. Besonders lang ist dieser Vertreter nicht und auch sonst hier und da nicht ganz perfekt, aber wer seine Erwartungshaltung etwas nach unten schraubt, kann zu einem Preis von 1,59 Euro über ein paar Stunden gut unterhalten werden. Je nach Ehrgeiz kann der Schwierigkeitsgrad über die Verwendung von Hinweisen gesteuert werden – weshalb wir das Spiel grundsätzlich empfehlen können.