Test: Twitter für iPad – Die offizielle App auf dem Prüfstand

mz, den 3. September 2010

Seit das iPad erschienen ist, sind einige Monate vergangen. Während dieser Zeit ließ eine offizielle Twitter-App, wie wir sie vom iPhone kennen, trotz der qualitativ eher mittelmäßigen Marktlage auf sich warten. Seit gestern gibt es nun Twitter für iPad und wir haben den offiziellen Client unter die Lupe genommen.

Die Bedienung lässt die Handschrift von Loren Brichter deutlich erkennen: Der Entwickler, der mit Tweetie und und dessen Nachfolger wegweisende iPhone-Apps entwickelt hat und dann von Twitter Inc. engagiert wurde, um Tweetie 2 in Twitter für iPhone weiterzuentwickeln, hat hier wieder einmal gezeigt, wie man die „iPad-Experience“ am schönsten umsetzen kann. Einige Beispiele: Wählt man einen Tweet aus der Timeline aus, öffnet dieser sich rechts von der Liste in einer darüberliegenden Ebene und zeigt die weiteren Möglichkeiten wie antworten, favorisieren, retweeten, übersetzen, mailen oder Link senden an. Darunter finden noch Informationen über den Autor und dessen Tweets, Listen etc. Platz. Die einzelnen Ebenen lassen sich im Anschluss verschieben, so dass man immer das im Blick hat, was gerade am wichtigsten ist. Wie in der ersten Version von Osfoora HD verändert Twitter for iPad sein Aussehen im Übrigen nicht, wenn man vom Hoch- ins Querformat wechselt und umgekehrt.

Neue Tweets oder Antworten werden am oberen Bildrand verfasst. Dazu schiebt sich von oben ein neues Feld ins Display, der Hintergrund sieht dabei aus wie ein Notizblock. Zum Tweet hinzufügen lassen sich Bilder aus dem Fotoarchiv, der aktuelle Aufenthaltsort und – ein wenig umständlich gelöst – das Zahnrad rechts blendet eine einzige weitere Option ein: URLs verkürzen. Das hätte sich auch wie in der iPhone-App in einem einzigen Schritt lösen lassen, ein entsprechendes Symbol gibt es dort ja.

Laut Twitter-Blog gibt es daneben weitere extrem nützliche Gesten zur Bedienung der App: Kurzinfos über Tweet und Autor lassen sich auch öffnen, wenn man einen Tweet einfach mit zwei Fingern auseinanderzieht und das sich öffnende Fenster an einer beliebigen (!) Stelle auf dem Display platziert. Extrem elegant: Handelt es sich um einen Teil einer Unterhaltung, kann man mit zwei Fingern den Tweet herunterziehen, um die gesamte Unterhaltung freizulegen. Das macht Spaß und zeugt davon, dass sich die Entwickler viele Gedanken gemacht haben.

Was außerdem zumindest hierzulande sehr negativ ins Gewicht fällt, ist die Lokalisierung. Prahlt Twitter in der Beschreibung der App noch mit nativer Unterstützung für sechs verschiedene Sprachen, so macht die deutsche Übersetzung stellenweise einen per Google Translate hingeschlampten Eindruck. Entsprechend steht dem Originalbegriff „Instapaper“, der auch für internationale Nutzer ausreichend wäre, ein übertriebenes „Instapapier“ gegenüber. Außerdem muss dem geneigten Twitterer beim Bildupload eines klar sein: „Bilder von hohe Qualität dauern länger zum Hochladen.“

Weitere Schwächen der sehr hübsch designten App: Wenn man einen Tweet mit enthaltenem Link öffnet, wird der Inhalt des Links zwangsläufig gleich mit angezeigt, also mitgeladen. Das ist Datenverbrauch, der in vielen Fällen gar nicht nötig wäre. Gerade beim 3G-iPad kann das unterwegs von Nachteil sein.

Den URL-Shortener kann man sich in Twitter for iPad im Gegensatz zu Bilder- und Videouploadservice auch nicht aussuchen. Für Ottonormalverbraucher ist die Beschränkung auf j.mp sicher zu verschmerzen, wer aber seine eigene Kurz-URL nutzen möchte, wird hier einen Grund sehen, zu einem anderen Client zu greifen.

Leider öffnen sich jedwede Fotos inklusive der jeweiligen Homepage, wie unten im Falle von TwitPic zu sehen. Das ist dann doch ein wenig ärgerlich. Immerhin lassen sich Videos gleich innerhalb der App anschauen. Dafür gibt es die gewohnt umfangreichen Möglichkeiten zum Anschauen und Bearbeiten des eigenen Profils: Ort, Kurzbeschreibung, Homepage, Name und sogar das Profilbild lassen sich ändern. Die Einsicht in die Tweets, Follower, Freunde, Favoriten, Erwähnungen und Listen gewährt Twitter for iPad dagegen nicht nur beim eigenen Profil, sondern auch für alle anderen Twitterer, die man in seiner Timeline findet. Dazu bekommt man – übrigens nicht übersetzt – unter „similar to @…“ weitere User angezeigt, für die man sich interessieren könnte.

Insgesamt hinterlässt Twitter for iPad einen eher gemischten Eindruck: Während die Aufmachung und Bedienung der App sicherlich das ist, was von einer wirklichen Killer-Applikation zu erwarten ist, lässt das Gesamtkonzept und dessen Umsetzung noch zu wünschen übrig, nicht zuletzt dank einiger unschöner Kleinigkeiten sowie fehlender Funktionen. Letztere allerdings sind gemeinhin das erste, das in kommenden Versionen auf Useranfragen hin dazukommen und diese Ärgerlichkeiten beseitigen könnte. So lange das allerdings noch nicht geschehen ist – wie man dieser 1.0 sehen kann – gibt es für das Paket erst einmal nur 3,5 Macs. So bleibt zunächst Osfoora HD (Link zum Test) wegen der dortigen Fülle an Funktionen und dem entsprechenden Entwicklungsvorsprung bei gleichzeitigem ähnlich gutem Design Referenz unter den Twitter-Clients fürs iPad.

Twitter ist neuerdings eine Universal-App, läuft also trotz unterschiedlichem Design auf iPhone und iPad, im App Store erhältlich und – einer der großen Vorteile – kostenlos.


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