iPhone und Co. fressen Bandbreite: RIM und Mobilprovider warnen vor Krise

rj, den 17. Februar 2010
iPhone 3GS schwarz (Vorderseite)
iPhone 3GS schwarz (Vorderseite), Bild: Macnotes

RIM-CEO Mike Lazaridis warnt vor einer Bandbreitenkrise im Mobilbereich, verursacht von der RIM-Konkurrenz Apple. Vodafone-CEO Vittorio Colao deutet aus denselben Gründen an, dass die Handyprovider ein Stück von Googles Werbekuchen abbekommen sollen. Fürchten sich hier Unternehmen davor, dass ihre Leistungen vermehrt nachgefragt werden könnten? Ein Kommentar.

Lazaridis sieht seine Prophezeihung teilweise bereits erfüllt – in den USA seien Netzbetreiber bereits an Grenzen gestoßen. Tatsächlich reißen die Klagen über AT&T in den USA nicht ab. Lazaridis‘ Forderung: App-Entwickler müssen in Zukunft weniger bandbreitenhungrige Applikationen bauen.

In eine ähnliche Richtung stößt Vodafones Colao vor, wenn er einerseits feststellt, dass die Mobiltechnologie an einem Wendepunkt stehe, an dem die Anpassung an den wachsenden Datenhunger neuer Geräte und ihrer Applikationen einsetze. Investitionen in neue und schnellere Netze sind notwendig, wofür es wiederum neue Geschäftsmodelle zur Finanzierung brauche. Unter anderem der Suchmaschinen- und Anzeigenmarkt sei hier gefragt, und der dominierende Akteur auf diesem Feld, Google, müsse laut Colao „betrachtet werden“.

Beiden Vorstößen ist gemein, dass sie den Schwarzen Peter einmal mehr weiterschieben: RIM will sich als „good guy“ gegenüber Apple positionieren, deren iPhones offenbar mehr Laune auf mobile Applikationen machen als RIMs Blackberrys – und entsprechend mehr Traffic verbrauchen. Vodafone scheut eigene Investitionen in die Infrastruktur und kommt auf den in letzter Zeit offenbar beliebten Gedanken, im Zweifelsfall müsse Google zahlen, warum auch immer.

Insbesondere das Statement seitens RIM wirkt fast schon peinlich: in ein paar Jahren drohe die Verstopfung der vorhandenen Netzkapazitäten, deswegen müssten mobile Applikationen sparsamer mit der Bandbreite umgehen. Es scheint, als habe er noch nichts von der Entwicklung im Kabelbereich mitbekommen – dort wurde in die Netzwerke investiert und den Endkunden von den Providern lange Zeit gar ein Bandbreitenbedarf suggeriert, der mit legalen Quellen kaum auszureizen war. Im Mobilsektor sollten es die Provider an sich als Glücksfall begreifen, dass sie nicht mit grenzwertigen Download-Werbekampagnen die Nutzer erst von der Notwendigkeit eines teuren Breitbandanschlusses überzeugen müssen, sondern die User ganz von alleine die Leistungen der Provider nachfragen. In anderen Branchen würde man sich über praktisch sichere Prognosen stetiger und stark wachsender Nachfrage freuen.

Stattdessen wird die vermehrte Nachfrage offenbar zum Problem, die entsprechenden Kunden zu Ärgernissen. Dass seitens Vodafone nun der schwarze Peter an Google weitergereicht wird, das dafür bezahlen soll, wenn eine Nachfrage nach Leistungen der Mobilprovider erzeugt wird, erinnert ein wenig an die Zeitungsverlegerdebatte in Deutschland. Auch hier soll Google für das Vermitteln von Seitenbesuchern zahlen. Ab einem gewissen Vorwissen um das Web ist die Haltung der Verleger, Google müsse für die Vermittlung von Nachfrage Geld zahlen, nicht mehr nachvollziehbar. Dasselbe gilt für den „mobilen Fall“ – ohne mobile Applikationen keine Nachfrage nach mobilen Datentarifen (und kein Geschäft für die Mobilprovider).

Ähnlich gelassen wie in der deutschen Zeitungsdebatte reagierte Google auch auf diese Vorstöße: man brauche sich gegenseitig – die Provider brauchen Google, um ihren Kunden Anreize für leistungsfähigere Tarife und neue Geräte zu schaffen, Google die Provider, um wiederum ihre Inhalte an den mobilen Anwender zu bringen. Eine sehr diplomatische Art zu sagen, dass doch bitte alle Beteiligten selber für die Investitionen in die eigenen Infrastrukturen aufkommen sollten.

Angesichts des prognostizierten nahenden Zusammenbruchs der mobilen Datennetze wäre es aber möglicherweise eine gute Idee, langsam damit anzufangen.


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