Test: SAW ist Action mit Adventure ohne Horror auf der Xbox 360
Alexander Trust, den 20. Dezember 2009Kann man nihilistisches Kino auf die Konsole portieren? Braucht man das überhaupt? – Wir haben ein Rezensionsmuster vom Action-Adventure SAW für Xbox 360 von Konami erhalten und sind diesen und anderen Fragen nachgegangen, in unserem Review.
Auf der Gamescom in Köln hat man uns SAW bei Konami bereits präsentiert. Wir bekamen einen Aufhänger zu sehen, ein erstes Rätsel, das Gebrauch macht von Spiegeln, und durften den Protagonisten einige Zeit mit dem Gamepad ausführen. Im Nachhinein hat sich der Aha-Effekt im Spiel selbst nicht allzu lange selbst getragen. Aber warum ist das so?
Nihilismus? – Nein!
Videospielumsetzungen von Kinofilmen sind seid Eh und Je ein Wagnis. Selten gelingt es, das, was in einem Medium gesagt wird, auch in einem anderen auszudrücken – damit ist das Medium Videospiel aber nicht alleine, es ist ein grundsätzliches Problem der Übersetzung bzw. Transformation von Medialität. Denn zwei Medien bieten je unterschiedliche Eigenschaften an, die einen anderen Ausdruck erzeugen und damit partout nicht 1 zu 1 übertragbar sind.
Der neumodische, nihilistische Horror der Marke SAW lässt in Amerika die Kassen klingeln und mit Sicherheit wird auch das Videospiel halbwegs ordentlich verkauft. Dennoch ist es, trotz der Anstrengungen, die unternommen wurden, nicht dazu geeignet, diesen „Spirit“ zu übertragen. Aber bevor ich zu negativ werde, möchte ich lobend erwähnen, dass man sich Mühe gegeben hat. Es gibt viele Minispiele – eines, in dem wir z. B. in eine Toilette mit benutzten Fix-Spritzen greifen müssen, um darin ein Objekt zu suchen. Die Idee ist tendenziell prima, die Umsetzung hapert jedoch daran, dass der Akt des Knöpfchendrückens zum richtigen Zeitpunkt nicht geeignet ist, um den Schmerz zu transportieren, den der Protagonist dabei eigentlich erleben müsste.
Same procedure, as…
Dazu kommt, dass viele Elemente, die in SAW auftauchen, kein neues Rad darstellen. Man hat nur hier und dort Quicktime-Events eingebaut, doch der Umgang mit den Fallen und Rätseln von Jigsaw allein hätte auch mehr davon verkraftet. Spieler, die die SAW-Filme kennen, denen werden besonders viele Dinge wohlbekannt vorkommen.
Der Spiegel in einer der ersten Szenen – er hat sehr viel Hoffnung gemacht. Wir stehen in einer mittelgroßen Toilette mit 4 Kabinenklos. Gegenüber findet sich ein Spiegel, der über die ganze Wand reicht und auf den Teile von Ziffern geschrieben zu sein scheinen. Schließen wir die Türen der Toiletten und richten unseren Blick erneut auf den Spiegel und die Spielfigur im richtigen Winkel dazu aus, dann erkennen wir tatsächlich so etwas wie einen Zahlencode. Wäre das die einzige Stelle, an der man im Spiel diese Form von Codierung benutzt hätte – niemand hätte meckern können. Doch die Spiegel kommen leider nicht nur dieses eine Mal zum Einsatz.
Schleich dich – oder auch nicht
Es gibt im Spiel zwei Schwierigkeitsgrade. Der leichtere macht dieses Action-Adventure zumindest in den Action-Szenen mehr oder minder zum Kinderspiel. Aber selbst, wenn wir das Spiel mehr von unserer Aufmerksamkeit einfordern lassen, gibt es fast keine Situation, in der es eine Schrecksekunde gibt. Momente dazu birgt das Spiel etliche. Beispielsweise liegen manchmal Scherben aus, über die wir aus zwei Gründen nicht laufen sollten. Zum einen sind wir barfüßig unterwegs, zum anderen könnten uns komische Ganoven so schneller hören, denen Jigsaw verraten hat, dass in unserem Bauch der Schlüssel versteckt ist, der ihnen zur Flucht verhilft. All diese Muster wiederholen sich und leider gibt es im Spiel viel zu viele Gegenstände mit denen man den Gegenüber viel zu schnell ins Jenseits schicken kann. Noch dazu sehr viele medizinische Utensilien, mit denen wir unsere Gesundheit regenerieren können. Entsprechend sorglos können wir eigentlich von A nach B wandern. Wir müssten uns schon selbst disziplinieren es nicht zu tun. Und letztlich verliert das Spiel alleine dadurch die Möglichkeit, ein Top-Titel genannt werden zu können.
Puzzle-Dichte
Denn wenn man in der B-Note für den Action- und Suspense-Anteil Abzüge machen muss, so ist doch die A-Note mit den Logik-Rätseln und Puzzleanteilen äußerst solide – wohlgemerkt für ein Action-Adventure. Aber anders hätte es auch nicht gepasst, wenn man im Hintergrund eine Figur wie Jigsaw die Fäden zusammen ziehen lassen wollte. Ich bin jedenfalls hochzufrieden mit der Zahl und mit der Varianz der Rätsel, die SAW dem Spieler bietet. Manche Rätsel kann man auch „straightforward“ nennen – sie sind also wenig anspruchsvoll, sondern zeichnen sich nur dadurch aus, dass man sie erledigen muss, aber da uns manchmal die Zeit als Gegner gegenübersteht, werden auch solche, scheinbar weniger tückischen Angelegenheiten manchmal zum Problem. Hin und wieder müssen wir den Orientierungssinn behalten und Gegenstände einsammeln, um weiter voran zu kommen, doch zu keiner Zeit hat man das Gefühl, nicht zu wissen, woran man ist. Nachgucken können vergessliche Naturen zudem im Notizheft, in dem die Aufgaben notiert sind, die noch ausstehen.
Und dann gibt es natürlich auch die Kategorie der durchaus anspruchsvollen Logik-Rätsel. Beispielsweise müssen wir jemanden aus einer gefährlichen Situation befreien, indem wir uns selbst der Gefahr ausliefern. An eine rustikale, mechanische Spritzenmaschine angeschlossen, müssen wir Gift und Gegengift jeweils im richtigen Moment zur richtigen Seite fallen lassen. Vorbild stand hier ein Brettspiel, das ohne Brett auskommt, aber mit dem gleichen Spielprinzip und einem Aufbau aus Plastik, in den zwei Spieler ihrerseits bunte Plättchen einwerfen und durch geschicktes Drehen an Rädern über mehrere Stationen am Ende zu ihrer Seite fallen lassen.
Solides Handwerk
Grafik und Sound sind bei SAW ordentlich verarbeitet. Die Texturen mancher Wände werden aber irgendwann fad und man fragt sich, ob diverse Toiletten und Flure oder Rohre und Gitter, Regale, Kartons und so fort – ob eben diese Objekte sich in der Summe so ähnlich sehen müssen, wie sie es tun. Ein bisschen mehr Feinschliff hätte hier gut getan, um den Schleier des Besonderen nicht zu früh zu lüften.
Die musikalische Untermalung ist dem Spiel zwar passend auf den Leib geschneidert, doch ebenfalls zu wenig abwechslungsreich. Unter dem Strich bedeutet dies also, dass wir es mit nicht zu viel Augen- und Ohrenschmaus zu tun bekommen, wohl aber auch keinen Augen- und/oder Ohrenkrebs, weil unsere Sinne in irgendeiner Form über Gebühr überstrapaziert würden.
Fazit: Das Ende
SAW ist mit einer eigenen Story ausgestattet, die allerdings wie ein Patchwork aus allen bekannten SAW-Filmen wirkt. Das ist schade, aber nicht mehr zu ändern. Eines schafft das Spiel aber trotzdem – man möchte wissen, wie es ausgeht. Wer sich auf den Titel einlässt, wird feststellen, dass man es mehr mit einem Action-Adventure, denn mit einem Horror-Epos zu tun hat, wenngleich die Spielzeit recht ordentlich ausfällt. Das Setting sorgt dafür, dass SAW besser abschneidet als z. B. die letzte Inkarnation von Silent Hill, Homecoming, auf den Nextgen-Konsolen oder dem PC. Wenn ich Schulnoten verteilen müsste, würde ich ein Auge zudrücken und SAW am Ende eine 2 Minus geben.