i98: iPhone-Klon aus China im Faketest

kg, den 29. August 2009
Mobile Phone i98
Mobile Phone i98, Bild: Macnotes

Mit dem chinesischen iPhone-Klon „i98 Mobile Phone“ bekamen wir ein Gerät in die Hände, das von außen aussieht, wie ein iPhone nano aussehen könnte, über zwei SIM-Karten-Slots verfügt und auch ansonsten mit einiger Dreistigkeit versucht, ein iPhone zu sein. Wer sich bislang fragte, was die gängigen Rip-Offs können (und was nicht), findet hier einige Antworten.

Unser i98 stammt aus einem Onlineshop, der immerhin explizit deutlich macht, dass es sich beim i98 nicht um das iPhone von Apple handelt und das Gerät unter dem Namen EFOX H202 bzw. CECT H202 anbietet. Der Hersteller selber ist diesbezüglich schmerzfreier – einige Details zielen offensichtlichst darauf ab, Fake-Verkäufern die Arbeit leicht zu machen – das beginnt mit Apple-Logos auf den Accessoires und hört mit bisweilen völlig irreführender Benutzung von Icon-Designs des originalen iPhones auf dem Touchscreen des i98 auf.

Der erste Eindruck

Im i98-Set enthalten sind das Gerät selbst, ein USB-Anschlusskabel, ein Steckerladegerät, ein Silikonskin, ein Headset sowie eine Schutzfolie. Der eigentliche Clou aber ist die Schutzhülle: In diese ist „iPhone“ eingedruckt und an der Seite mit einem kleinen Silikonstreifen nochmal extra abgesetzt. Das Auspackerlebnis ist kein Vergleich zu dem des iPhone, man hat sich in China aber viel Mühe gegeben, die Verpackung nachzuempfinden – ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Auf den ersten Blick ist das i98 ordentlich verarbeitet, die Knöpfe sind dem iPhone nachempfunden, fühlen sich beim Drücken aber leicht wackelig an. Insgesamt ist das Handy sehr leicht – was daran liegen könnte, dass viele der Bauteile aus Kunststoff sind. Während das iPhone mit einem Glasdisplay daherkommt, setzt das i98 auf eine druckempfindliche Kunststoffoberfläche. Wer bereits ein echtes iPhone in der Hand hatte, wird noch vor dem Einschalten problemlos feststellen können, dass er es hier mit etwas völlig anderem zu tun hat.

Der Bootvorgang des Geräts ist dem des iPhone nicht unähnlich: Nach längerem Halten des Anschaltknopfes erscheint ein Statuskreisel auf dem Display. Der Homescreen gibt sich ebenfalls iPhone-esk. Auf den ersten Blick verblüffend, wie ähnlich Systeme aussehen können, denen eine komplett unterschiedliche Software zu Grunde liegt: Einiges deutet darauf hin, dass auf dem i98 ein Windows CE-Betriebssystem läuft, das speziell angepasst wurde, um wie ein iPhone auszusehen.

Apps und Funktionen des i98

Alles, was nach dem Homescreen kommt, lässt keinen Zweifel daran, dass man es nicht mit einem iPhone zu tun hat. So steckt hinter den Icons nicht immer das, was man erwarten könnte: Hinter dem Icon der Wetter-App beispielsweise befindet sich ein Ordner mit Spielen. Und auch die Jailbreak-Fraktion hat kurioserweise ihre Spuren hinterlassen: Hinter einem Cydia-Icon verstecken sich auf dem i98 die Sicherheitseinstellungen.

Über eine Handvoll Apps verfügt das i98: So gibt es unter anderem eine Wecker-Funktion, einen Währungsrechner, ein Adressbuch, ein Radio und einen E-Book-Reader, den man selbsttätig mit Büchern befüllen kann. Voraussetzung ist, dass die Bücher im TXT-Format vorliegen. Zusätzliche Apps lassen sich nicht aufspielen, auch nicht mittels Datenkabel, ebenso fehlen Kartenfunktionen, wie sie beim iPhone üblich sind.

Das i98 verfügt über eine Handschriftenerkennung. Diese funktioniert für normale Buchstaben weitestgehend problemlos, Satzzeichen und ähnliches lassen sich damit aber nicht gut eingeben.

Sprachlich ist das i98 für den deutschen Benutzer je nach Sichtweise amüsant oder ärgerlich: Alle Übersetzungen für Menüs wurden offenbar automatisiert durchgeführt, anders lassen sich Formulierungen wie „Einstellung von Brandmauer“, „Gesundes Registriergerät“ oder „LCD Hinter Licht“ nicht erklären.

Auch Fotos und Videos sind mit dem iPhone-Klon möglich, eine 2-Megapixel-Kamera ist im Gerät verbaut. Dazu gehören verschiedene Filteroptionen und Farbeinstellungen, die man selbst festlegen kann. Qualitativ lassen die Ergebnisse aber dennoch stark zu wünschen übrig.

Die Hardware

Im Gegensatz zum iPhone ist das i98 in einer Beziehung ein Multitalent: Es unterstützt zwei SIM-Karten gleichzeitig. So lassen sich zwei Nummern mit einem Gerät nutzen. Welche dieser Nummern bei Anrufen und SMS-Nachrichten ausgewählt wird, kann man vorher bestimmen. Das dürfte der einzige Punkt sein, den das i98 im Direktvergleich mit dem Original verbuchen kann.

Auch über Bluetooth verfügt das i98 – irgendwie. Es wird von OS X zwar problemlos als Gerät erkannt und lässt sich über den Bluetooth-Assistenten einrichten. Auf die Inhalte zugreifen kann man aber nicht, ebensowenig kann man welche auf das Telefon laden. Als Modem lässt sich das Gerät offenbar nicht nutzen – ist wohl besser so, da es maximal den GPRS-Standard unterstützt. UMTS oder gar HSDPA sucht man vergeblich, der geräteeigene Browser liefert lediglich WAP-Seiten aus. WiFi fehlt beim i98 außerdem.

Während das kapazitative iPhone-Display ohne Druck auf die Fingerberührungen reagiert, muss man beim iPhone-Klon etwas beherzter zudrücken – wohl auch einer der Gründe, warum dem Gerät zwei Stifte, sogenannte Touchpens, zur Bedienung des Touchscreen-Displays beiliegen, die das Drücken des Displays einfacher machen.

Telefonieren kann man mit dem i98 immerhin: Die Gesprächsqualität ist gut, sogar mit dem angeschlossenenen Headset. Das Hauptproblem allerdings ist: iPhone-Kopfhörer und Headsets können nicht angeschlossen werden, da das i98 die kleineren 2,5″-Stereoklinkenstecker nutzt.

Musik, E-Books und anderes kann man via USB auf das Gerät überspielen sowie Fotos und Videos herunterladen. Sonderlich schnell geht dies allerdings nicht: Vom Klick auf den Fotoordner bis zum Anzeigen des Bildes vergingen rund 2 Minuten, noch länger dauert es, bis man ein Foto vom Gerät gezogen hat. Theoretisch lässt sich das i98 auch als USB-Stick nutzen: Unser Testmodell verfügt über 2GB Speicher in Form einer SD-Karte.

iPhone vs. i98: Im Netz nur die halbe Wahrheit

Auf der Vertriebs-Website gibt man sich noch etwas mehr Mühe, wie das Original auszusehen, ist dabei aber fast schon unverschämt: Abgesehen vom Betreibericon in der linken Ecke wurden die Original-iPhone-Bilder übernommen, um die Unterschiede zwischen den beiden Geräten herauszustellen. Auch andere Original-iPhone-Fotos wurden einfach in die Beschreibungsseite aufgenommen.

Fazit

Aus der Ferne betrachtet sieht das i98 einem iPhone verblüffend ähnlich, bei genauerem Hinsehen oder Anfassen fällt schnell auf, dass man es mit einer Kopie zu tun hat. Spätestens bei Benutzung wird man mit dem i98 niemanden mehr mit einem angeblichen, super-raren Original iPhone Nano bluffen können. Schlicht und einfach, weil das i98 zwar in Teilen so ausschaut wie ein iPhone, aber man einfach nicht das damit machen kann, was das Original bietet. Kostentechnisch ist das i98 je nach Sichtweise teuer oder billig: wer auf den Fake hereinfiel, wird jeden einzelnen der knapp hundert Euro bereuen, die er bezahlt hat.

Als Partygag ist das i98 je nach Geschmack möglicherweise tauglich. Wer das Dual-SIM-Handy quasi „im Ernst“ kaufen will, erhält einen offensichtlichen Fake, mit dem man indes durchaus telefonieren kann. Alles andere macht auf dem Ripoff einfach keinen Spaß – es sei denn, man steht auf offensichtliche Fakes, kuriose Wortneuschöpfungen und hakelige Touchscreens.

Nicht zuletzt ist das i98 eine großartige Untermauerung eines in der Blogosphäre vielbeachteten Videovortrags des Designers Jeff Veen, der Ripoffs als moderne Form des Cargo Cults bezeichnet:

[mn-youtube id="8CtC_qbQ51U"]

Sein Fazit: es reicht nicht, wenn ein Produkt nachgeahmt wird – tatsächliche Qualität orientiert sich daran, was ein Produkt für den Kunden leistet. Und analog zum Cargo Cult verhält sich das iPhone zum i98 wie ein moderner Flughafen inclusive Flugverkehr zum primitiven Bau einer „Flughafenkulisse“ mit dem Ziel, Flugzeuge und Fracht anzulocken. Ähnlichkeiten sind erkennbar, in Bezug auf den Nutzwert schwinden die Gemeinsamkeiten schnell.


Ähnliche Nachrichten

Testergebnis

URS: 2 von 10
2

Positives

  • man kann damit telefonieren

Negatives

  • nicht wertig
  • zu schwache Hardware für Software