Kommentar: Glas, Alu und LEDs
ml, den 14. Oktober 2008Ich liebe die Gerüchteküche rund um Apple, weil sie auch diesmal wieder alle heute vorgestellten Neuigkeiten schon vorab an die Oberfläche gebracht hat. Ich hasse die Gerüchteküche rund um Apple, weil sie mir die Spannung für das Special Event geraubt hat und mit ihren Aufdeckungen die Erwartungshaltung jedesmal in ungeahnte Höhen schraubt, so dass Steve Jobs fast nur enttäuschen kann.
Pünktlich um 19 Uhr deutscher Zeit betrat Steve Jobs die Bühne der Town Hall in Cupertino, um nach der Begrüßung gleich das Zepter an Tim Cook weiterzureichen. Dieser hatte die Ehre zu erläutern, warum sich der Mac in den letzten 4 Jahren zwei bis dreimal besser als Rechner der Konkurrenz verkauft hat. Dabei durfte er auch die verbale Keule schwingen und sich bei Microsoft für Windows Vista und dessen für Apple verkaufsfördernde Wirkung bedanken.
Das der Marktanteil des Macs nicht nur subjektiv gestiegen ist, zeigen die Zahlen des US-Retail-Marktes. Hier hat Apple inzwischen einen Anteil von 17,6 Prozent. Noch besser sehen die Zahlen im Bildungsbereich in den USA aus: satte 50 Prozent Marktanteil hat man dort. Steve Jobs durfte anschließend noch ergänzen, dass man in den ersten drei Quartalen 2008 bereits so viele Macs wie im Gesamtjahr 2007 verkauft hat. Und das Weihnachtsgeschäft steht erst vor der Tür.
Geheimnis um „The Brick“ gelüftet
Dann übergab Steve Jobs die Bühne an Apples Chefdesigner Jonathan Ive. Er durfte dem Publikum zeigen, wie die, jetzt alte, MacBook-Pro-Serie gefertigt wurde. Schon beim MacBook Air habe man festgestellt, dass sich das Gehäuse deutlich leichter und stabiler fertigen lässt, wenn man die Unterschale aus einem soliden Stück Alu ausfräst.
Diesen Prozess hat Apple jetzt auf die gesamte MacBook-Pro-Linie ausgeweitet. Wer Umweltbedenken hegt, dem sei gesagt, dass sämtliche bei der Bearbeitung des Alu-Blocks anfallenden Abfälle recycled werden.
Dual-Grafik
Nachdem die Grundlagen geklärt waren, durfte Steve Jobs dann endlich die bereits von den Gerüchteköchen veröffentlichten Neuigkeiten präsentieren. Los ging es mit der Grafik- und Chipsatzlösung 9400M von Nvidia. Die integrierte GPU bietet eine fünfmal höhere Geschwindigkeit gegenüber der Intel-Chipsatzgrafik und erreicht immerhin 55 Prozent der Leistung der in den alten MacBook Pros verbauten Nvidia 8600M GT.
Weil sich ein MacBook Pro ohne „echte“ Grafikkarte wahrscheinlich schwer verkaufen lassen würde, baut Apple noch eine Nvidia 9600M GT ein. Damit hat der Anwender die Wahl im Akkubetrieb z. B. die stromsparendere Chipsatz-Graphik zu verwenden und im Kabelbetrieb auf die höhere Leistung der 9600M zurückzugreifen. Ob sich beide GPUs per SLI koppeln lassen, geht aus den technischen Daten momentan nicht hervor. Zumindest sind die MacBook Pros damit mehr als gut für das nächste Jahr erscheinende Snow Leopard geeignet, welches mittels OpenCL Berechnungen auf die GPU auslagern kann.
Ob Nvidia der zuverlässigste Partner für Apple sein wird, muss sich gerade im Hinblick auf die aktuelle Reparaturaktion erst noch zeigen.
Zu den weiteren Neuerungen bei den MacBook Pros zählt das Multitouch-fähige Glastrackpad welches im Zuge von Apples Minimalphilosophie seines Buttons beraubt wurde. Stattdessen wird das Trackpad selbst zum Button. Es wird sich zeigen, wie ergonomisch sich das Ganze bedienen lässt.
Dann konnte sich Steve Jobs bei der Enthüllung des neuen Designs einen weiteren Scherz nicht verkneifen und lobte die Spy-Pics der vergangenen Nacht als der Realität entsprechend. Fasst schon bekommt man den Eindruck Apple streut die Gerüchte selbst.
Kein Notebook, aber ein Display
Abweichend von der Überschrift des Special Events stellte Steve Jobs heute ein neues Cinema Display mit LED-Hintergrundbeleuchtung vor. Auch hier stand beim Design der iMac Pate. Die integrierte iSight, das Mikrofon und die Lautsprecher machen es zum perfekten Begleiter der Mac Pros. Zudem ist das Cinema Display der erste Monitor von Apple, der auf den neuen Display Port setzt.
Die Rückkehr des One-More-Thing
Zahlreiche Keynotes und Special-Events mussten ins Land gehen, bis Steve Jobs heute gegen 19:40 mal wieder ein One-More-Things ankündigte. Zunächst schien es, als ob die Preissenkung des Einsteiger-MacBooks die einzige Änderung der MacBook-Reihe wäre. Doch dann gab es doch noch die ersehnte Ankündigung. MacBooks mit Alu-Gehäuse, LED-beleuchteten Displays und Nvidia 9400M Chipsatz mit integrierter GPU runden zukünftig die MacBook-Pro-Reihe nach unten ab.
Herzschlagfinale
Abgerundet wurde das Special Event durch eine kurze Fragerunde für die anwesenden Journalisten. Der wahrscheinlich zu erwartenden Frage nach Steve Jobs Gesundheitszustand kam der Apple-Gründer selbst zuvor und projizierte seine aktuellen Blutdruckwerte (110/70) für alle sichtbar auf die Leinwand. Der Börsenkurs honorierte es mit einem kleinen Aufschlag im nachbörslichen Handel.
Fazit
Entweder Apple hat inzwischen wieder ein massives Geheimhaltungsproblem oder aber die Produktdetails werden gezielt zum Anheizen der Anwender gestreut. Anders sind die detaillierten Infos die heute vor dem Special Event bereits zu haben waren nicht zu erklären. Die neuen MacBook Pros sind die folgerichtige Weiterentwicklung und ein Design-Update nach mehr als 5 Jahren war mehr als überfällig. Das glasverspiegelte Display dürfte viele Anwender auf die Barrikaden treiben, denn einzig das nicht renovierte 17″ MacBook Pro verfügt noch über ein mattes Display. Mit den neuen MacBooks wird die Pro-Serie nach unten abgerundet.
Bei den Preisen musste Apple hier in Deutschland dem in den letzten Wochen gesunkenen Euro-Kurs Tribut zollen und die Preise zumindest für das teurere Modell des MacBook Pros um 50 Euro anheben. Dafür bekommt man aber auch 2GB mehr RAM und eine 320GB große Festplatte.
Der Inhalt des Special Events war durch den Titel auch bereits scharf umrissen, so dass Spekulationen über aktualisierte iLife- oder iWork-Pakete sehr unwahrscheinlich waren. Alles in allem war es eine solide und unterhaltsame Keynote. Besonders auf den neuen Produktionsprozess scheint man bei Apple mächtig stolz zu sein, denn kurz vor Ende wurde noch ein Video gezeigt, welches die Produktion zeigt.