Im Test: Silent Hill: Origins

Alexander Trust, den 14. Juni 2008
Silent Hill: Origins - Packshot PS2
Silent Hill: Origins – Packshot PS2

Der Test von Silent Hill: Origins soll zeigen, ob Konami den PSP-Titel für die PlayStation 2 gut portiert hat. Das Survival-Horror-Game sollte eigentlich exklusiv auf der Handheld-Konsole verweilen. Von dem Plan ist man abgewichen, um PlayStation-2-Fans einen soliden Vertreter des Horror-Action-Adventures zu gönnen. Origins klärt die Geschichte über die Anfänge auf, in typischer Genremanier.

Auf den ersten Blick

Der erste Eindruck von Silent Hill: Origins ist vielversprechend. Beim Einschalten wird man mit einem gut inszenierten Vorspann in die Geschichte des Spiels eingeführt. Der Spieler bekommt zum Teil hübsch gerenderte Videosequenzen gezeigt. Die Musik, die uns die ersten Schritte über begleitet, der Wechsel in der Kameraperspektive, der Nebel, das Feuer und die kleinen Einspielfilmchen: Der Aha-Effekt ist nicht zu leugnen, doch das anfängliche Hochgefühl kann Silent Hill: Origins nicht über die gesamte Spieldauer aufrechterhalten.

Ungleiche Atmosphäre

Der Protagonist Travis Grady wird in Silent Hill Aufklärungsarbeit leisten müssen. Damit der Spaß möglichst lange erhalten bleibt, müssen einige Dinge ineinander greifen, um die nötige Stimmung zu schaffen. Was am Anfang des Spiels für Staunen sorgt, ist am Ende zu kaltem Kaffee geworden.

Auffällig ist, dass die musikalische Untermalung, die eine wirklich gute Qualität hat, viel zu früh ihren Geist aufgibt. Wenn wir an einen neuen Schauplatz gelangen, ein Puzzle gelöst oder einen Endgegner besiegt haben, verändert sich die Hintergrundmelodie. Sie wird angespielt, aber nur ein Mal. Wenn das Stück zu Ende ist, hören wir nur noch die dumpfen Umgebungsgeräusche. An diesen Stellen haben wir das Gefühl, dass uns das notorische Gemurmel, Gehämmer und Geklopfe langweilt, und nicht für Spannung sorgt.

Spiegel und Löcher

Wenn Travis uns darauf aufmerksam macht, dass er Dinge findet, mit denen er interagieren kann, dreht er den Kopf in die Richtung – im Dunkeln fällt ihm das Sehen natürlich schwerer (den Gegnern aber auch). Als wir das erste Mal vor einem Spiegel stehen, im Alchemilla Hospital, wird es noch atmosphärisch, weil wir einen Einspielfilm erleben können. Während des Spiels dienen uns die Spiegel dann jedes Mal als Transportwege zwischen der realen Welt und der Höllenwelt. Den Gang dorthin müssen wir vor allem immer dann unternehmen, wenn wir in der normalen Spielwelt nicht weiter kommen. Dann bietet sich andernorts der Schlüssel zum Erfolg. Zudem befördern uns Löcher im Boden von einer Etage in eine nächste. Davon gibt es einige in Silen Hill: Origins.

Bekanntes

Bekannt sind die Steuerung und das Menü. Es fühlt sich an als würde man Resident Evil vom Rivalen Capcom spielen. Das erschien allerdings schon vor 12 Jahren. Wie es scheint, hat sich dieses Menüdesign erst eingeschlichen und dann bewährt.

Der Motor im Dualshock-2-Controller rüttelt, wenn wir außer Puste sind, wenn unsere Lebensenergie zur Neige geht. Dies wird außerdem akustisch und grafisch angezeigt. Dies sind keine weltbewegenden Neuheiten, aber die Rütteleffekte sind in jedem Fall ein Plus für die Atmosphäre.

Munition sparen

Anders als bei Konkurrenztiteln wird in Silent Hill: Origins mit Munition gegeizt. Sie liegt nicht an jeder Ecke herum. Mit fortschreitendem Spielverlauf nimmt die Gegnerdichte zu. Während wir im Alchemilla Hospital in Räumen nach dem Rechten sehen konnten und Munition oder Heiltränke und Erste-Hilfe-Kits gefunden haben, ohne uns allzu große Sorgen um Untote zu machen, ist dies im Artaud Theater und im Riverside Motel beileibe ganz anders. Es ist daher ratsam, nicht jeden Kampf zu suchen.

Ernüchterndes und Lösbares

Ein wichtiges Hilfsmittel auf unserem Weg ist die Umgebungskarte. In jedem wichtigeren Gebäude und im Ort selbst, finden wir an einer zentralen Stelle, meist zu Beginn, eine Karte, die wir in unser Inventar übernehmen. Ohne Karte zu spielen ist nicht ratsam, da man sonst schnell die Orientierung verliert. Häufiges auf-die-Karte-Blicken ist notwendig, stört aber gleichzeitig den Spielfluss. Denn statt die Umgebung auf sich wirken zu lassen, scrollt man über eine Orientierungsmatrix.

Der Orientierung außerdem nicht dienlich ist der willkürliche Kameraschwenk. Was manchmal hilft, die Stimmung zu inszenieren, verändert den geographischen Mittelpunkt, von dem aus wir uns bewegen. Das hat zur Folge, dass wir in derselben Sekunde Richtung Norden gelaufen sein können – wenn aber die Kamera plötzlich umschwenkt, laufen wir wieder in die entgegengesetzte Richtung. Das stellt den Spieler vor unnütze Schwierigkeiten, vor allem wenn wir auf der Flucht sind.

Die Rätsel im Spiel sind zu keiner Zeit unlösbar. Manche Knobelei benötigt ein bisschen mehr Zeit. In den allermeisten Fällen haben wir aber unterwegs Notizen aufgesammelt, oder Gegenstände und Räume untersucht, die uns Anhaltspunkte liefern. Es ist ratsam, konzentriert zu Werke zu gehen, und Informationen, die Travis nicht in Form von losen Blättern aufsammeln und jederzeit wieder nachlesen kann, selbst zu notieren. Sonst erinnert man sich nur noch dunkel und muss sehr weite Wege gehen, um die Indizien aufzufrischen. Hilfreich sind zudem die Speicherpunkte (orangefarbene Dreiecke), die wir an ausreichend vielen Stellen im Spiel antreffen.

Wenig Abwechslung

Blöderweise muss man bei Silent Hill: Origins das zugrunde liegende Schema kritisieren. Denn die Spielweise ist von Episode zu Episode immer die gleiche, so schön und schaurig diese sein mögen. Bis auf die erste kleine Episode im brennenden Haus, haben wir immer Schlüssel aufzusammeln oder Gegenstände, um sie als Ornamente in andere Gegenstände oder Türen zu stecken. So gelangen wir an wieder andere Gegenstände oder Schlüssel. Die Rätsel sind abwechslungsreich, der Weg dorthin nur selten. Der Spielwelt sind feste Grenzen gesetzt.

Ein Beispiel: Direkt zu Beginn, als wir unseren Truck gerade noch rechtzeitig haben abbremsen können, wird uns der Weg vorgegeben. Möchte man mit Travis nicht dem Mädchen hinterherlaufen, erscheint eine Mitteilung, die uns an unser eigentliches Vorhaben erinnert. Wir können dann keinen Schritt mehr machen, sondern müssen uns dem Schicksal fügen, dass die Programmierer für uns vorgesehen haben. Das geht häufiger so.

Frustmomente

Viele Gegenstände stehen in Silent Hill: Origins in der Gegend herum, ohne dass wir etwas damit anfangen könnten. Zu viele Türen sind verschlossen, nur leider nicht konsistent. Wir rennen einmal an einer Tür vorbei, kommen beim zweiten oder dritten mal daran vorbei und plötzlich können wir sie öffnen. Nach 20 Stunden Spielzeit kommt das Rütteln an Türklinken einer Neurose gleich.

Suizid ist für Travis keine Option: Man kann nicht in einen Abgrund stürzen, selbst wenn dieser sich vor uns auftut. Möglicher Unachtsamkeit des Spielers wird vorgebeugt. Lara Croft könnte sich ein müdes Lächeln nicht verkneifen.

Bossgegner nur bedingt clever

Für die Endgegner kann man auch nur ein müdes Lächeln übrig haben. Denn deren Angriffsstrategie ist sehr schnell zu durchschauen. Die meisten von ihnen gehen zudem äußerst langsam zu Werke, wenn sie uns nach dem Leben trachten. Normale Level-Gegner bereiten uns mehr Kopfzerbrechen.

Viele negative Kleinigkeiten

Der wegen der Atmosphäre gelobte Anfang von Silent Hill: Origins offenbart auf den zweiten Blick einen weiteren Makel. Wir folgen einem Mädchen ins Dunkel und gelangen an ein brennendes Haus. Irgendwann wird unser Gang durch einen Einspielfilm unterbrochen und wir sehen, wie wir völlig außer Atem an die lodernden Flammen heranlaufen, selbst wenn wir davor nur gegangen sind.

Außerdem hängt jedes Mal der Ton für kurze Zeit, wenn wir das Spiel starten und die Sprachauswahl bestätigen. Oder unsere Konsole wird zum Absturz gebracht, als wir eigentlich auf dem Weg zum finalen Endgegner sind. Nach dem Neustart müssen wir, trotz englischer Sprachauswahl, mit dem deutschen Pendant Vorlieb nehmen.

Zudem hat das Menü einen Bug. Denn die Darstellungen unserer Accessoires geraten dann und wann im Inventar durcheinander. Laden wir eine Waffe nach, kann es sein, dass danach unsere Munition ausschaut wie ein Erste-Hilfe-Kit. Das ändert sich erst wieder, wenn wir das Menü verlassen und neu betreten.

Realismus darf im Horror sein

Das Inventar ist es auch, dass ein bisschen mehr Realismus vertragen hätte. Es kennt, anders als die Spielwelt, keine Grenzen. Wir können fleißig Gegenstände aufsammeln und am Ende ein Dutzend portabler Fernseher, fünf Toaster, sieben Schreibmaschinen, 10 Vorschlaghämmer, und andere Dinge mehr mit uns herumtragen. Travis bleibt von dem Gewicht unbeeindruckt; das ist kein Silent Hill spezifisches Problem. Andere Genrevertreter kennen das Inventar auch als Fass ohne Boden.

Die Bedienbarkeit wird so umso umständlicher, je mehr Gegenstände man besitzt. Denn wir müssen jedes Mal von Links nach Rechts zwischen womöglich einhundert oder mehr Optionen auswählen.

Fazit

Auf den ersten Blick ist Silent Hill: Origins ein solider Vertreter seines Genres. Bei genauerem Hinsehen zeigt er jedoch einige Schwächen, Manche hätten nicht sein müssen. Fans des Genres und der Silent-Hill-Reihe werden mit ihrer Geduld auf eine harte Probe gestellt. Atmosphärisch kann das Spiel nicht durchweg überzeugen.

Im Vergleich mit Vorgängern aus dem eigenen Haus oder direkten Konkurrenten können wir Silent Hill: Origins nicht zu gut bewerten. Wäre es das erste seiner Art, und hätte Konami nicht schon selbst gewusst, wie es noch besser geht – es hätte den Eindruck vermittelt, mehr als nur Hausmannskost zu sein. Da aber bekanntlich auch die den Leuten schmecken kann, wird Liebhabern das Geld für den Titel nicht allzu schade sein.


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