Test: Word für Mac 2008
Redaktion Macnotes, den 18. Februar 2008Seit Mittwoch ist Office für Mac 2008 nun auch in Deutschland erhältlich. Wir konnten das neue Büro-Paket aus Redmond schon etwas länger testen und fassen nun unsere Eindrücke in einer großen Serie zusammen. Den Anfang macht Word: Neben Excel dürfte das Textverarbeitungs-Programm für viele der Hauptgrund für den Kauf von Office 2008 sein. Doch wie gut ist die neue Version?
Klassiker im neuen Gewand
Die auffälligste Neuerung in Word 2008 ist sicherlich die neue Benutzeroberfläche. Vorbei die Zeit der zahllosen Paletten, die mehr oder weniger transparent über den geöffneten Dokumenten schwebten; nun gibt es eine gemeinsame, optisch aufgewertete Formatierungs- und Werkzeugpalette. Klickt man auf den kleinen Pfeil in der oberen Ecke, klappt die Palette um und lässt sich an die eigenen Bedürfnisse anpassen – ganz so, wie man es von den Dashboard-Widgets kennt. Außerdem hat auch Word jetzt eine aufgeräumte Symbolleiste am oberen Ende eines jeden Fensters – so wie Mac-User es seit Jahren von den meisten Anwendungen gewohnt sind. Hier hat Microsoft ganz offensichtlich auf das Kunden-Feedback reagiert und die hauseigenen UI-Konventionen zugunsten des OS X Standards aufgegeben. Das macht sich übrigens auch im Einstellungen-Menü bemerkbar. Aus der wenig ansprechenden Liste wurde eine übersichtliche Schaltzentrale, die an die Systemeinstellungen von OS X erinnert und sich auf die gleiche praktische Weise durchsuchen lässt. 24 Jahre nach der ersten Version „fühlt“ sich Word nun also endlich wie ein echtes Mac-Programm an – es wurde aber auch langsam Zeit.
Neues Dateiformat: Was bringt Office Open XML?
Schon mit Office 2007 für die Windows stellte Microsoft auf sein neues und nicht unumstrittenes Dateiformat Office Open XML (OOXML) um – ohne sich allerdings selbst vollständig an den neuen Standard zu halten. Das neue Format setzt auf XML-Markup und ZIP-Kompression und ermöglicht so kleinere Dateien. Unser Test-Dokument mit rund 42.000 Zeichen war im alten .doc-Format etwa 180 kb groß, im neuen .docx-Format bringt es nur knapp zwei Drittel davon auf die Waage.
Außerdem soll OOXML zumindest auf dem Papier den Austausch zwischen verschiedenen Büroanwendungen erleichtern. Die Praxis sieht für den Mac-User allerdings nicht ganz so rosig aus: Zwar lassen sich OOXML-Dokumente einigermaßen leidlich mit iWork ’08 öffnen und bearbeiten, die Rückwärtskompatibilität geht allerdings gen Null. Wer Office 2004 einsetzt, ist daher auf ein externes Konvertierungs-Tool angewiesen, das Microsoft erst nach Drängen genervter Anwender zur Verfügung stellte. Immerhin kündigte MacBU-Chef Greg Eisler im Presse-Gespräch auf der Macworld an, dass demnächst ein integrierter OOXML-Konvertierer für Office 2004 erscheinen soll. Besonders eilig scheint es Microsoft aber nicht zu haben, schließlich ist das neue Dateiformat ein Verkaufsargument für Office 2008.
Neue Funktionen: Elemente, Zitate, Layouts
Außer einem neuen Dateiformat bringt Word 2008 aber auch einige durchaus interessante neue Funktionen mit. Überzeugend gelöst ist die neue Katalog-Leiste, die über verschiedene Reiter Zugriff auf häufig verwendete Elemente wie Deckblätter, Inhaltsverzeichnisse und Fußzeilen ermöglicht. Die neuen „SmartArt-Grafiken“ erleichtern das Visualisieren typischer Zusammenhänge, lassen sich einfach anpassen und sehen auch noch gut aus.
Deutlich verbessert wurde auch das Tool zum Verwalten von Zitaten. Diese können nun in einer zentralen Bibliothek katalogisiert und mit einem einheitlichen Stil versehen werden. Die einzelne Zitatangabe im Dokument ist mit der Bibliothek verbunden und wird automatisch aktualisiert, sobald man den Eintrag dort ändert. Wer die Zitatangaben in den Fußnoten führt, wie es in vielen wissenschaftlichen Disziplinen üblich ist, dem bleibt dieses Feature allerdings vorbehalten. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen fügt Word hier nur statischen Text statt eines dynamischen Verweises ein.[inspic=561,,fullscreen,415]Völlig neu ist der Layoutmodus, mit dem Word erstmals auch zum Gestalten optisch aufgewerteter Dokumente taugt. DTP-Profis mögen da nur müde lächeln, aber der Layoutmodus wurde für den Otto-Normal-Nutzer gemacht und lässt sich dementsprechend intuitiv und ohne Vorkenntnisse bedienen. Die Messlatte ist also eher Pages – im direkten Vergleich kann Pages mit mehr Bearbeitungsoptionen für Bilder punkten, Word 2008 hat dafür die größere Auswahl an Formatvorlagen und Effekten sowie eine deutlich bessere Übersicht für Seitenvorlagen (die in Word „Masterseiten“ heißen).
Bye bye, VBA
Makros auf Basis von Visual Basic for Applications (VBA) wurden in den Mac-Versionen von Word schon immer nur stiefmütterlich unterstützt, in Word 2008 wurde die VBA-Schnittstelle nun komplett gestrichen. Das erstaunt, schließlich waren es die Redmonder, die VBA mit ihren Office-Produkten erst salonfähig machten. Stattdessen bietet Word 2008 nun rudimentäre Untersützung für Apple Script sowie einen Satz begrenzt brauchbarer Automator-Aktionen (nicht in der günstigen Home & Student Edition). Ein gleichwertiger Ersatz ist das nicht und gerade im Unternehmens-Umfeld könnten die fehlenden VBA-Fähigkeiten zum KO-Kriterium werden.
Im Alltagseinsatz: Licht und Schatten
Entscheidend ist bekanntlich auf’m Platz und hier schlägt sich Word 2008 durchaus passabel. Die neue Benutzeroberfläche erleichtert die alltägliche Arbeit tatsächlich signifikant, zudem lässt sie sich recht flexibel an die persönlichen Vorlieben anpassen. Der neue Layoutmodus ist durchdacht und produziert ansehnliche Ergebnisse. Während uns einige Leser von häufigen Abstürzen berichten, lief Word bei uns einwandfrei stabil.
Ganz frei von Kritik sind auch wir jedoch nicht: Leider wirkt der Layoutmodus auch auf einem aktuellen Mac mitunter etwas zäh. An einigen Stellen ist die neue Oberfläche nicht konsequent umgesetzt, so hat z. B. das Einstellungs-Fenster immer noch eine „Abbrechen“-Schaltfläche statt die üblichen „Ampel-Buttons“. Der PDF-Export, den Microsoft als Neuerung preist, bietet keinerlei Einstellungsmöglichkeiten und kann nicht mehr, als der bekannte „Als PDF sichern“-Dialog aus OS X – sogar die Dateigröße der erzeugten Dokumente ist exakt die gleiche. In der deutschen Version begegnen einem außerdem zuweilen Übersetzungen, die zu lang sind für den dafür vorgesehenen Platz. Und selbst Microsofts eigene Liste der bekannten Probleme ist so lang, dass man sich schon fragt, warum derartige Unzulänglichkeiten nicht vor Verkaufsstart behoben wurden.
Geschwindigkeitsrausch bleibt aus
In Punkto Geschwindigkeit hatten wir uns deutliche Fortschritte von der neuen Version erhofft. Doch unsere Messungen zeigen: Beim Programmstart ist Word 2008 wider Erwarten sogar langsamer als die 2004er-Version. Auch beim Öffnen von Dokumenten bringt Word 2008 keinen dramatischen Geschwindigkeitsvorteil. Dies selbst dann nicht, wenn es sich um Dokumente im neuen .docx-Format handelt.
Nur bei rechenintensiven Vorgängen hat die neue Version klar die Nase vorn. Das war aber auch zu erwarten, schließlich kommt Word 2008 anders sein Vorgänger als Universal Binary. Hier macht es sich bezahlt, dass die CPU direkt angesprochen werden kann und der Umweg über die Rosetta-Emulation entfällt.
Als Test-Mac diente ein MacBook Pro der aktuellen Generation mit 2,2 GHz und 2 GB Arbeitsspeicher sowie 10.5.2. Die Mess-Ergebnisse wurden zwar per Hand gestoppt, stellen aber Mittelwerte mehrerer Testläufe da.
Fazit
Auf der Haben-Seite kann Word 2008 die gelungene Benutzeroberfläche sowie den neuen Layoutmodus für sich verbuchen. Punktabzug gibt es aber für die alles in allem enttäuschende Performance, die fehlende VBA-Unterstützung und einige kleinere Unzulänglichkeiten, die in der Summe einen eher zwiespältigen Eindruck hinterlassen: Word ist und bleibt ein respektables Tool zur Textverarbeitung; nach vier Jahren Entwicklungszeit seit der letzten Version hatten aber wohl nicht nur wir ein etwas ausgereifteres Produkt erwartet.