Globale IPv4-Adressierung zeigt Ungleichheit
Alexander Trust, den 5. Dezember 2006Das Internet-Protokoll ist die Grundlage für all das, was der Laie mit dem Internet in Verbindung bringt. Es bietet die Möglichkeit Computer in größeren Netzwerken (auf logische Art und Weise) zu adressieren. Dass es bei der globalen IPv4-Adressierung aber nicht wirklich gerecht zugeht, hat nun Stuart Brown prima visualisiert.
Die Geburtsstunde des Internets liegt noch keine 40 Jahre zurück. Die Zeit Anfang der 1980er Jahre wird indes als zweite Geburtsstunde des Internet verstanden. 1981 nämlich wurde das IP (in der Version 4) von James Postel als Standard definiert. 1983 wurde das Arpanet, der (militärisch-wissenschaftliche) Kern des Ur-Internet auf das IPv4 umgestellt.
IPv4: 4,3 Milliarden
Jenes IPv4 ermöglicht die Adressierung von insgesamt ca. 4,3 Milliarden Computern. Ein für damalige Verhältnisse vollkommen ausreichender Wert. Und der Begriff Computer muss heute, in dem Kontext unserer Zeit, als Synonym für alle internetfähigen Empfangsgeräte gelten. Ob Mobiltelefone, Handhelds, Fernseher, ja in Zukunft sogar weitere Haushaltsgeräte werden mittels IP adressiert. Eine eigene IP-Adresse erhält jeder separate Internetzugang. Innerhalb eines Haushalts beispielsweise wird aber zumeist nur ein Internetzugang benötigt, den man mithilfe anderer technischer Möglichkeiten dazu bringt, alle vorhandenen Empfangs- oder Zugangsgeräte zu versorgen. Lokal oder intern herrscht noch ein Mal eine andere Verteilungslogik vor.
Wichtig ist, dass mittels IPv4 nur knapp 4,3 Milliarden unterschiedlicher Adressen auf dieser globalen, ersten Ebene vergeben werden können. Angesichts einer Bevölkerungszahl von knapp 6,6 Milliarden Menschen (vgl. Angaben v. Deutsche Stiftung Weltbevölkerung) hat dies zur Folge, dass nicht für jeden Menschen eine eigene IP-Adresse nach dem IPv4 zur Verfügung steht. Diese Misere zu beseitigen, schickte sich der Nachfolge-Standard IPv6 an, den man 1998 definierte. Doch noch 2006 ist dieser Standard verhältnismäßig wenig im Einsatz. IPv6 ermöglicht die Adressierung von bis zu 2128, also ungefähr 340 Sextillionen uniken Adressen. Problem gelöst? Bislang jedenfalls kann man noch mithilfe des Rahmens, den das IPv4 spannt, ein interessantes Szenario entwickeln.
Ungleichheit bei der Verteilung
Das tat im Juli dieses Jahres der Brite Stuart Brown aus Manchester. Er schrieb einen Artikel für einen britischen Blog. Brown erweiterte das Szenario, dass nicht für jeden Menschen auf der Erde eine eigene IP-Adresse vorhanden ist. Sein Blick ging auf die Administrationsmechanismen in unserer Welt zur IP-Adressierung. Die Organisation zur regionalen Registrierung von Internetadressen kam ihm in den Sinn. Die Regional Internet Registry (RIR) selbst ist noch ein Mal unterteilt in 5 weltweit agierende administrative Unterorganisationen. Das Interessante: Die RIR sorgt ganz offenkundig für Ungleichheit. Denn nicht jeder der 5 Organisationen stehen gleich viele IP-Adressen zur Verfügung, die sie zu verwalten hat.
Brown stellte zunächste eine Liste zusammen, in der er für die Länder der Erde die jeweils vorhandenen, möglichen zu verteilenden IP-Adressen sammelte, wertete sie dann aus. In einem ersten Schritt errechnete er die Anzahl der IP-Adressen pro Kopf anhand der möglichen, zu vergebenden IP-Adressen eines Landes im Verhältnis zur jeweiligen Einwohnerzahl. Zur Illustration erstellte er eine Weltkarte. Die Länder sind entsprechend eingefärbt, je nachdem ob sie eine besonders gute oder eine eher schlechte Ratio von IP-Adressen pro Einwohner aufweisen (eine Legende zur Karte findet sich im Artikel v. Brown). Selbstredend sind die USA, Kanada aber auch Australien eindeutig bevorzugt. Die sogenannte Peripherie der Welt, sie wird benachteiligt.
Brown erstellte dann auch eine Topliste. Anbei nur in Auszügen, die Top 5 und die letzten 5 der Länder der Erde anhand ihres Verhältnisses von möglichen, zu verteilenden IP-Adressen pro Einwohner.
Nr. | Land | Bevölkerung | mögl. Anzahl IP-Adressen | IP-Adressen pro Kopf |
---|---|---|---|---|
1 | Vatikanstadt | 783 | 8.191 | 10,5 |
2 | USA | 299.161.390 | 1.352.246.048 | 4,5 |
3 | Kanada | 32.547.200 | 70.313.601 | 2,2 |
4 | Island | 297.139 | 589.789 | 2,0 |
5 | Monaco | 35.656 | 63.480 | 1,8 |
[...] | ||||
200 | Myanmar | 50.519.000 | 12.286 | 0,0002431[...] |
201 | Malawi | 12.884.000 | 3.070 | 0,0002382[...] |
202 | Äthiopien | 75.067.000 | 16.383 | 0,0002182[...] |
203 | Niger | 13.957.000 | 255 | 0,0000172[...] |
204 | Republik Kongo | 59.319.660 | 1023 | 0,0000171[...] |
Die letzten fünf Zahlenverhältnisse lassen sich selbstredend auch umkehren. Nämlich wenn man sie ausdrückt in der Form, wie viele Einwohner kommen auf eine IP-Adresse. Das hilft noch ein Mal zu verdeutlichen, wie sehr benachteiligt ebendiese Länder sind. Hinter dem Ländernamen in Klammern folgt immer die Anzahl der Einwohner pro IP-Adresse: Myanmar (4.112), Malawi (4.197), Äthiopien (4.582), Niger (58.139) und die Republik Kongo (58.140).
Mit der Definition von IPv6 im Jahre 1998, und wenn dieser Standard sukzessive Einzug in die Internetwelt finden wird, wird sich, wie bereits angedeutet, quantitativ eine Menge verändern. Ob sich bei späterer, flächendeckender Verbreitung von IPv6 allerdings qualitativ eine Änderung einstellen wird, bleibt abzuwarten. Solange die administrative Struktur nicht verändert wird, bleibt das Ungleichgewicht bei der Zuteilung wohl bestehen.