MyWi, Rock und Cydia: Interview mit Jailbreak-Appentwickler Mario aka Intelliborn
rj, den 23. August 2010MyWi verwandelt das iPhone (Jailbreak vorausgesetzt) in einen WLAN-Hotspot mit regulierbarer Sendeleistung, alternativ Tethering – und nach der Frage an Entwickler Mario/Intelliborn, wie es zur Bündelung mit der Cydia-Alternative Rock kam, erfuhren wir, dass beide Jailbreak-Apps von ihm entwickelt werden. Ein guter Grund, nochmal nachzuhaken und spannendes über den WiFi-Hotspot via iPhone, der Installer-App Rock und weniger bekannte Engagements der Jailbreaker-Szene zu erfahren.
Vorweg zu MyWi. Mit einem Preis von 20 Dollar – um die 14 Euro – eine der teuersten Apps für die Jailbreak-Gemeinde, ist sie dennoch jeden Cent wert: MyWi macht das iPhone zum WLAN-Hotspot, über den beliebig viele Rechner und Geräte via 3G-Datenverbindung surfen können. Out of the Box liefert MyWi auch eine Tethering-Option an, die ihren Dienst unabhängig von providerseitigen Einschränkungen in Sachen Tethering verrichtet.
Die App gefällt – insbesondere im Hotspot-Einsatz ist angesichts des Akkufresser-Charakters von MyWi mit der regelbaren Sendeleistung des WLANs ein höchst sinniges Feature realisiert worden. Weiter zeigt die App verbundene Geräte, Up- und Downstream sowie Trafficstats an. Feintuning und auch etwas exotischere Einsatzarten – beispielsweise ein Laptop via USB im vom iPhone genutzten WiFi mitsurfen zu lassen – sind problemlos möglich. Viel mehr zu sagen gibt es an sich nicht – die Installation und die Verwendung von MyWi ist praktisch selbsterklärend und wurden im iPhone 4-Festivaltest auf dem M’era Luna bereits beschrieben.
Drei kleine Wermutstropfen: Zur Verschlüsselung steht nur WEP zur Verfügung, und das Netzwerk per Tethering wird nicht als „Infrastructure“ erkannt. Letzteres ist am Mac unproblematisch, ein Linux-Netbook weigerte sich hingegen, den Netzwerkzugang via USB zu erkennen.
Skepsis beim einen oder anderen Kaufwilligen dürfte aber ein dritter Punkt auslösen: Ohne Rock geht nichts – zumindest nicht auf neuen iOS-Versionen. Mit MyWi wird Rock automatisch mitinstalliert, eine „No Rock“-Version der Hotspot-App wurde für ältere iPhone OS-Versionen gepflegt, ob sie ein Update für aktuelle iPhones erhält, ist offen. Rock, der alternative Installer zu Jay Freemans Cydia, wurde gelegentlich stark kritisiert: unter anderem von Freeman aka Saurik selbst, der aus seiner Abneigung gegen Rock im Interview mit Macnotes keinen Hehl machte. Für uns natürlich ein Grund, mit Mario aka Intelliborn zu sprechen, der nicht nur für MyWi, sondern auch für Rock selbst als Entwickler verantwortlich zeichnet.
Da die Statements Marios zu MyWi eher knapp ausfielen, diese kurz vorweg – gefragt nach dem „Infrastructure-Tethering“ und weiteren Wunschfeatures antwortete Mario, er sei diesbezüglich offen für alles:
Mario:
Was MyWi und Infrastructure angeht: ich kann weder ja noch nein zu den einzelnen Upgrade-Möglichkeite sagen. Was ich sagen kann: wir beschäftigen uns permanent mit neuen Features für alle unsere Produkte und konzentrieren uns auf die, welche am meisten nachgefragt werden.
Macnotes:
Dann nutze ich das, um gleich zur Frage nach der Rock-Bündelung und Rock selbst überzuleiten. Als großer Jailbreakfan verwendete ich Rock natürlich auch, war aber nicht wirklich von der Cydia-Alternative überzeugt. Zwei Gründe hatte ich dafür, der erste recht irrational/emotional: Rock erschien mir ein wenig als „me too“-Projekt, das immer ein wenig „zu kommerziell“ wirkte. Was ein unfairer Vorwurf ist, weil ich schließlich selber für eine kommerzielle Seite schreibe. Wie gesagt: etwas emotional. Das zweite: Instabilitäten, angesichts derer ich den ersten Release von Rock trotz schöner Features wieder deinstallierte. Dazu kam Jay Freemans Statement zu Rock, das mich weiter skeptisch bleiben ließ. Nun mache ich mir immer gern ein Bild von beiden Seiten – wie stehst du zu Freemans Vorwürfen?
Mario:
Ich kann Jay Freemans Kritik durchaus nachvollziehen – wir sind Konkurrenten :) … Aber klar, ich will natürlich dazu Stellung nehmen. Wir hatten selbstverständlich Probleme, wie jedes andere Softwareunternehmen auch. Wir haben APT neu implementiert, und ich würde sagen, dass wir das sehr erfolgreich hinbekommen haben. Es gab ein Problem, das durch ein Release von Jay Freeman noch verschärft wurde – wodurch Rock-Nutzer gezwungen waren, ihr iPhone wiederherzustelllen (interessant, nicht?). Das vorneweg gesagt, arbeiten wir an einem hybriden Modell, in dem die Vorteile unserer APT-Implementierung genutzt werden können, mit dem man aber auch die gleichen Installationsroutinen verwenden kann wie Cydia (das Beste beider Welten).
Was Jays Kommentare zu Background-Checks und Datenverbrauch angeht: Rock-User hatten immer die Möglichkeit, Update-Checks in den Optionen abzustellen. Der Check findet einal am Tag statt und ermöglicht Rock, via Badge am Rock-Icon auf vorhandene Updates für installierte Apps hinzuweisen. Typischwerweise verbraucht das ein paar kB am Tag.
Macnotes:
Wie sieht angesichts dessen euer Verhältnis aus?
Mario:
Ich glaube, es läuft alles auf Businesstrategien hinaus. Bei Rock konzentrieren wir uns darauf, die Rock-Plattform besser zu machen. Wir verschwenden keine Zeit damit, Cydia zu bashen oder andere dazu zu bringen, auf unseren Konkurrenten einzuprügeln, wenn Fehler gemacht wurden. Wir sind uns sehr sicher, dass die Nutzer unser Produkt mögen – weshalb wir führend sind in der Community, wobei es eine Rolle spielt, dass wir kostenlose Demos unserer Produkte anbieten. Wir wissen, dass die User sie mögen werden. Rock hat Cydia in Sachen Verkäufe überholt und ist weiter einer der Anführer in der [Apple-]unabhängigen Community.
Macnotes:
Was gibt es noch, was ich und/oder andere über Rock wissen sollten?
Mario:
Was viele nicht wissen, weil wir uns da eher im Hintergrund halten: Rock hat gemeinsam mit der EFF die DMCA-Ausnahmeregelung an die US Library of Congress und das Copyright Office initiiert. Wir haben dann Leute aus dem Dev Team wie planetbeing oder eben Saurik mit hinzugezogen, um weitere Informationen zur Verfügung stellen zu können. Mit dem jüngsten Erfolg setzt sich die rechtliche Auseinandersetzung mit Apple weiter fort. Wir haben monatelang Kongressabgeordnete antelefoniert, und Ende Juli trafen wir uns in Washington D.C. mit über einem Dutzend Kongressabgeordneten, um Apples wettbewerbsfeindliches Verhalten zu besprechen und die Art und Weise, wie Apple kleine und mittlere Unternehmen dadurch schädigt. Wir arbeiten hart dafür, damit Apple-Nutzer auf der ganzen Welt die Wahl haben, wenn es um Technik, Applikationen und Inhalte geht, die sie auf ihrem Apple-Gerät nutzen wollen.
Macnotes:
Mario, danke für deine Antworten und euer Engagement!
Tja – zwei Seiten, zwei Standpunkte. Persönlich scheint mir im Verhältnis zwischen dem Rock- und dem Cydia-Protagonisten mehr als nur sportliche Rivalität mitzuschwingen, zu bitter und giftig wirken einige der Vorwürfe auf beiden Seiten. Dass man dennoch offenbar professionell zumindest „nebeneinander“ arbeiten kann, scheint angesichts der DMCA-Kooperation und der simplen Tatsache, dass Cydia und Rock auf aktuellen Geräten durchaus friedlich koexistieren, immerhin gegeben. Konkurrenz belebt die Entwicklung, und auch wenn Cydia ein Jailbreak-Urgestein ist – mit Installer, Ice und nun eben Rock gab es immer auch die Alternativen zur Alternative. Schlecht fürs Jailbreakerlager war das bislang jedenfalls nicht.