iPhone übertakten: Mehr Geschwindigkeit oder riskante Selbstüberlistung?

Alexander Trust, den 20. Mai 2010

ARM-Prozessoren sind übertaktbar, die iPhone-CPUs werden ohnehin aus Stromspargründen unter Spezifikation betrieben – an sich eine Spielwiese für experimentierfreudige Overclocker. Nur scheinen bei kursierenden Tipps die Fakten darauf hinzudeuten, dass die Effekte überwiegend eingebildeter Natur sein dürften. Gibt es erfolgreiche Overclocker draußen im Jailbreakland?

Die Problematik: Editierbare Settings im iPhone scheinen solche in schreibgeschützten Binary-Files nicht per Override außer Kraft setzen zu können. Ein viel diskutierter Ansatzpunkt zur Leistungssteigerung (der indes ohne höher getaktete iPhone-CPU auskommen soll) ist die in Datei com.apple.SystemPowerProfileDefault.plist, die sich im Ordner /System/Library/System Configuration/PowerManagement.bundle/ befindet. Darin gibt es den ominösen Eintrag Reduce Processor Speed, der auf 0 gesetzt werden kann. Weitere Einträge betreffen PowerDown- und Standby-Funktionen.

Touchmyapps rät zum Verwenden eines Remote-Editors wie iFile, um die Werte der Configdatei direkt komplett auf „0“ zu setzen. Alternativ kann die Datei per SSH bearbeitet werden. Eine grobe (und Gerüchten zufolge effizientere) Methode ist das simple Umbenennen des Files mit anschließendem Reboot, wodurch „leistungsbegrenzende“ Werte aus der Datei nicht mehr ausgelesen und aktiviert werden.

„com.apple.SystemPowerProfileDefault.plist“ umbenennen ohne Wirkung

Nur: bringt das was? An die Warnung vor irreparablen Schäden, Verkürzung der Lebensdauer des Geräts, höherem Stromverbrauch und Überhitzungsproblemen schließen wir uns selbstredend an. Die Statements, dass mit der Deaktivierung des SystemPowerProfileDefault höhere Leistungen erzielt werden, können wir nach einem ersten Test hingegen nicht bestätigen – echtes iPhone-Übertakten findet ja auch nicht statt.

Gefühlt ist das Gerät (ein iPhone 3G 16GB mit PwnageTool-Jailbreak, 3.1.3-Update und aktuellsten Cydia-Apps) nach dem Eingriff in der Tat schneller und „reaktiver“ – nur dürfte der Effekt einfach daran liegen, dass nach einem Komplettreboot JB-iPhones ohnehin wieder leicht beschleunigt arbeiten, insbesondere, wenn der letzte Neustart länger zurückliegt. SysInfoPlus gibt vor und nach der Umbenennung dieselben Specs aus, auf denen das iPhone aktuell läuft.

Immerhin: weder Störungen noch höhere Wärmeentwicklung (Betrieb: bisher überwiegend Standby, kurzes Telefonat, kein UMTS, kein Bluetooth, keine Games etc.) konnten wir seitdem beobachten, auch der Akkuverbrauch scheint sich im normalen Rahmen zu bewegen. Korrektur: der Akku leerte sich innerhalb von drei Stunden ohne Verwendung von 100% auf 65% – bei normalem Gebrauch auch im Jailbreakfall nicht tolerierbar, in Anbetracht der Tatsache, dass keine Backgroundprozesse liefen.

Die Deaktivierung mancher Stromsparmodi dürfte dabei selbstredend eine Rolle spielen – möglicherweise wird bei weiter entleertem Akku des iPhone tatsächlich auch eine höhere Leistung als „normal“ erzielt – falls leistungsreduzierende Stromspartechniken ab einem gewissen Ladestand aktiviert werden, nun aber abgeschaltet bleiben.

Erstes Fazit nach einem nicht unbedingt repräsentativen Testfall: Das iPhone wird auf diese Weise zum Akku-Killer ohne nachvollziehbaren Nutzwert, den wir naturgemäß nicht weiterempfehlen können.


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