EDGE: Tim Langdell, und wie er ein Spiel aus dem App Store entführte

Alexander Trust, den 17. Juli 2009
Edge
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Tim Langdell ist ein Teil der Spielebranche. So könnte man sagen. Er ist selfmade, und immer dabei, wenn es darum geht, seine Lizenzrechte zu schützen. Seit 30 Jahren ist er ein Teil der Branche, die uns alle umtreibt.

Er hat irgendwann die Namensrechte für den Begriff “Edge” sich gesichert, seine eigene Firma danach benannt und verwickelt nun Hinz und Kunz in Rechtsstreitigkeiten, wenn ihr Spiel, Comic, Film, usf. auch nur Edge neben vielen anderen Worten im Titel trägt. So musste ein PC-Hersteller seine PC-Serie EDGE zwar nicht umbenennen, aber Lizenzabkommen mit Langdell eingehen, und zwar mussten einige Filmstudios ihre Filmprojekte nicht einstampfen, doch verdient Langdell mit, ohne auch nur einen Finger krumm zu tun (vgl. Beitrag von Simon Carless, engl.).

Es ist erstaunlich, dass das angelsächsische Markenrecht sich überhaupt dazu bewegen lässt, Teile des normalen Sprachgebrauchs zu schützen. Spiele wie “Edge of Extinction” oder “Soul Edge” dürfen nicht so heißen, es sei denn Langdell verdient daran. Wenn jemand hierzulande verbieten wollte, dass man Rand der Seele als Titel für ein Spiel auswählt, würde man ihn fragen, ob er nicht gleich die ganze Sprache sein eigen nennen wollte. Die Beat-‚em-up-Serie Soul Edge jedenfalls ist anderswo und so auch in Deutschland als Soul Calibur bekannt und Tim Langdell ist der Grund dafür. Denn der Entwickler und Publisher Namco Bandai wollte schon in jenen Tagen nicht, dass Langdell mit verdient, dass jemand Fremdes am eigenen Werk mit verdient. Wer will es ihnen verübeln?!

Neuestes Opfer ist der Independent Entwickler Mobigame mit dem iPhone-Titel EDGE. Das Spiel wurde vor einigen Monaten schon ein Mal aus dem App Store entfernt (vgl. Beitrag in FingerGaming Ende Mai, engl.), dann wieder eingestellt und ist nun neuerlich nicht mehr dort zu finden und wahrscheinlich für längere Zeit und wenn man den Tweets von Mobigame Glauben schenkt, dann sind nicht sie diejenigen gewesen, die ihr eigenes Produkt aus dem App Store haben entfernen lassen. Ein Angebot von Mobigame, das Spiel umzubenennen, lehnte Langdell nach einiger Zeit der Verhandlung ab. EDGE Games von Langdell wollte nicht, dass das Spiel auf Edgy umgetauft würde, weil sie die Namensrechte trotzdem tangieren würden. Allerdings brach man die Verhandlungen ab, zu einem Zeitpunkt, just da man sich am selben oder nächsten Tag die Lizenzrechte genau für den Begriff Edgy sichern wollte, zumindest ein solches Begehren anstrebte, wie Simon Carless schrieb.

Diese Handlung kratzt ein wenig an der Glaubwürdigkeit der Persona Tim Langdell. Ebenso wie der Fakt, dass man an Mobigame herangetreten war, mit der Begründung, der Spieletitel fürs iPhone wäre in irgendeiner Form eine Kopie des eigenen Spiels aus 1986, Barnaby Bearing (vgl. Beitrag in Game Culture, engl.). Zwar weist das Spiel optisch Ähnlichkeiten auf, weil beide Titel die isometrische Perspektive als den Ausgangspunkt gewählt haben. Doch das allein kann kein Grund sein. Noch dazu wirkt Langdells Begründung vor dem Hintergrund sehr skurril, da man ihm vorwerfen könnte, dass Barnaby Bearing aus 1986 ein Klon des 1984 erschienenen Marble Madness von Atari sei.

Ebenfalls Schwierigkeiten bei der Betrachtung bereitet wohl der Wikipedia-Artikel zu EDGE Games (nebst anderen), der immer wieder von einer Person mit dem Nickname Cheridavis verschlimmbessert wurde. Auch hier weist Simon Carless auf einige Diskussionen hinter den Kulissen von Wikipedia hin. Denn Langdells Frau heißt Cheri (Davis) Langdell. Für jemanden, der seine Wikipedia-Seiten “pimpen” wollte, hätte man sich in diesem Fall dann nicht wirklich clever angestellt. Cheridavis gab an, er oder sie würde ein Buch über die Spielebranche schreiben und hatte aus diesem Grund erst einen Artikel zu Tim Langdell angelegt. Dieser wurde regelmäßig gelöscht, weil er objektiven Kriterien nicht genügte. Seltsam sei, so stellt Carless heraus, dass Cheridavis keine Artikel zu anderen Menschen aus der Spielebranche verschlimmbessert habe, und auch sonst gäbe es genug Ungereimtheiten.

Als wäre all dies nicht genug, gibt es – neben einigen anderen – noch einen weiteren Aufreger in der causa Langdell vs Mobigame. Mobigame ist ein kleines Independent-Entwicklerstudio. An EDGE für iPhone haben insgesamt nur 2 Personen programmiert, designt und entwickelt. Nun gibt es die IGDA, die international game developers association. Diese soll eigentlich für die Rechte der “Kleinen” eintreten. Doch im März 2009 wurde für die aktuelle Legislaturperiode neben vielen anderen auch Tim Langdell in das Gremium berufen (vgl. Pressemitteilung der IGDA zur Vorstandswahl, engl.). Sein aggressives Verhalten speziell gegenüber Mobigame aber grundsätzlich gegenüber Personen aus der Spielebranche, von denen er glaubt, dass sie seine Markenrechte missachteten, verträgt sich dem gesunden Menschenverstand nach überhaupt nicht mit seiner Funktion beim IGDA. Eine Stellungnahme sowohl vom IGDA als auch von Langdell stehen offiziell noch aus.


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